Rein pflanz' ich

Wie kleine Freunden großen Unterschied machen können, beweist The Botanical Room aus Berlin

Wer sich auf die neusten Trends updaten will, der scrollt heute durch Instagram und Tumblr. In Puncto Inneneinrichtung fällt da seit geraumer Zeit vor allem ein totgesagtes Wohnaccessoire auf: Die hübsch platzierte Monstera. Dieser krautgewordene Traum eines jeden Erstsemester-Architekturstudenten ragt mal hier, mal dort in pastellige Arrangements oder hängt zweifelhaft (und verzweifelt) als Makramee-Sünde von der Decke, komplettiert durch Duftkerze und obszön hohem Stapel ungelesener Kunstbände. Diese Monstera — der Name dank ungezügelten Wachstums leidiges Programm — ist unverdienterweise zum Klischee antrainierten Geschmacks hemdsärmeliger Hipster Spießer geworden. Mit ihr sind auch alle anderen Zimmerpflanzen in Verruf geraten, wie sie so augenschmerzend unschuldig und wahnsinnig passiv-aggressiv aus ihren schwedischen Übertöpfen herauslunzen. So musste es ja kommen, scheint es. Oder?

The Botanical Room tut etwas dagegen. Mit einer eigenen Kollektion aus handgefertigten Übertöpfen, Pflanzenhängern und Kokedamas — was auch immer letzteres genau sein mag — stellt sich Hanni Schermaul, Gründerin des Web-Shops, gegen das biedere Image der Zierpflanzen. Ihr Ziel geht dabei über den Verkauf der eigenen Produkte hinaus, und so bietet sie neben Pflanzen aus dem Umland Berlins auch die Arbeiten junger, internationaler Designer an. Ein Shop als Designplattform, prinzipiell ist das nichts neues. Das Sortiment jedoch macht den Unterschied, vor allem dessen reduziertes Angebot: Schermaul hält es bewusst „flexibel, aufgeschlossen und experimentell“, wie sie selber sagt, aber auch strikt kuratiert. So bekommt man frauenbrüstige Übertöpfe in unterschiedlichen Teints (unser absoluter Liebling) oder eben doch einen minimalistischen Pflanzenhänger aus glänzendem Messing, der auch ohne grünen Inhalt so einiges hermacht und hervorragend zu den Zerstäubern von Haws passt, denen jeder Wasserkocher von Alessi hinterherpfeifen dürfte.

Also, springen wir gemeinsam über den grauen Schatten unserer sorgsam ausgewählten Designermöbel und gönnen unserem Heim einen Hauch grüner Sprießigkeit!

[Text]
Katinka von Pelz
Juni 8, 2017
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