Anziehen als stille Rebellion: Die Kollektion „Rendezvous“ des Designerduos Lazoschmidl
Anziehen als stille Rebellion: Die Kollektion „Rendezvous“ des Designerduos Lazoschmidl
Das intimste Theater der Welt spielt sich täglich ab: vor dem Spiegel, vor einem Date, allein mit der Frage aller Fragen – wer bin ich heute? Lazoschmidl macht in Paris aus diesem privaten Ritual öffentliche Kunst. Zehn Männer bewegen sich durch halbtransparente Kabinen, ziehen sich an und aus vor einem Publikum, das kaum atmet. Keine Musik lenkt ab. Kein dramatisches Licht. Nur die rohe Choreografie von Körpern in Verwandlung, im Nachdenken, im Fragen, im Werden. Seit der Gründung 2014 durch Josef Lazo und Andreas Schmidl beschäftigt sich die Marke genau mit diesen Zwischenräumen. Ihre Designgeschichte liest sich wie ein Tagebuch queerer Jugendkultur – Mesh-Tops, Glitzerstrick, Bankerstreifen durchbrochen von Manga-Prints, alles durchzogen von stiller Intimität und dem Gefühl, jemandem fast zu nah zu kommen.
Diese Saison, „Rendezvous“, fühlt sich an, als würde man jemanden mitten im Gedanken unterbrechen. Die Designer beschreiben es als autobiografische Liebesgeschichte, als „Get Ready With Me“-Moment, der Kunst wird. Nadelstreifen treffen auf Regenbogenglitzer. Zarte Rosa- und ausgewaschene Blautöne – wie der Himmel nach einem Langstreckenflug – stehen neben gebleichtem Gelb. Hemden sind halb geöffnet, Hosen weit und fließend, Looks, die flüstern: „Workwear um neun, Fantasie um halb zehn.“
Rendezvous geht nicht um Spektakel. Es geht um diesen kleinen, zitternden Moment der Selbstbefragung, wenn man sich für ein erstes Date fertig macht – einen Moment, der normalerweise niemandem gehört außer einem selbst. Wer bin ich heute Abend? Was zeige ich, was verberge ich? Lazoschmidl legt genau diesen privaten Prozess offen und verwandelt ihn in eine performative Präsentation einer Modekollektion. In einer Kultur, die süchtig nach Filtern und Bearbeitung ist, bietet Lazoschmidl etwas Langsameres, Rohes, Intimeres: Realität in Echtzeit. Die Models posieren nicht. Sie verwandeln sich mit jedem Outfit in eine andere Version ihrer selbst.
Ihre Referenzen sprechen leise, aber klar: Murakamis emotionale Distanz, Tillmans’ Schnappschüsse queerer Intimität, Miley Cyrus’ furchtlose Freiheit. Gemeinsam schaffen sie eine Kollektion, die eine einfache Frage mit radikaler Wirkung stellt: Warum Männlichkeit neu definieren, wenn sie längst keine Definition mehr braucht?
Das ist die Wahrheit hier. Die Suche nach der einen Definition von Männlichkeit ist vorbei. Jetzt kannst du alles sein – zart, hart, nichts davon, alles zusammen, für alle. Lazoschmidl lebt es vor.