badmómzjay bringt Queerness und Feminismus in den Deutschrap

INTERVIEW Fiona Frommelt

Jordan ist die jüngste deutsche Rapperin, die mit einer Single Platz 1 der Charts erreichte. Als ihr Alter Ego badmòmzjay blickt die gerade 23 Jahre alt gewordene Musikerin auf acht Jahre im Rampenlicht zurück: Eine Zeit, in der sie in der deutschen Musikindustrie groß geworden ist und auch als Businessfrau wachsen konnte.

Heute ist sie nicht nur eine erfolgreiche Rapperin, sondern auch Unternehmerin mit eigener Beauty Brand und Vorbild für viele. Mit ihrer Musik begeistert sie ein Millionenpublikum. Live bei Konzerten, in ihren Lyrics und auch in ihren Beiträgen bei Instagram und TikTok zeigt sie ihre Haltung, Leidenschaft und Stärke. Eins ist klar: badmòmzjay setzt Signale.

TUSH-Editor Fiona Frommelt hat die Künstlerin backstage auf dem Glücksgefühle-Festival getroffen und mit ihr über Rollenfunktionen, Queerness und die Kunst, Haltung zu zeigen, gesprochen.

 

Vergangenen Sommer hast du deutschlandweit auf vielen Festivals gespielt. Was ist der größte Unterschied zwischen einzelnen Konzerten und Festival-Auftritten?
Zu meinen eigenen Konzerten kommen natürlich nur meine Fans. Zu einem Festival-Gig kommen auch Leute, die dich nicht kennen. Dadurch habe ich den Ansporn, diese Leute zu überzeugen und neue Fans zu gewinnen. Es macht mir ehrlich gesagt immer Spaß, neues Gehör zu finden.

Wie unterscheidet sich die Art und Weise, wie du dich backstage bei einem Festival auf einen Gig vorbereitest, von der bei einem Konzert außerhalb?
Auf Festivals hast du einfach weniger Zeit, dich fertig  zu machen, weil alles viel strikter getimt ist. Es gibt zusätzliche Interviews, und es läuft sehr viel mehr drumherum. Auf Tour können wir uns sehr viel mehr Zeit nehmen. Die Looks dürfen viel krasser sein und die Haare und das Make-up müssen einfach perfekt sein.

Hast du auch Rituale, die du vor einem Auftritt durchführst?
Wir haben einen Handshake mit der ganzen Crew, bei dem wir uns alle nochmal in die Augen schauen. Es ist mir wichtig, dass dafür alle da sind, ansonsten habe ich ein komisches Gefühl. Auf der Bühne bete ich noch mal und dann geht’s los.

Seitdem du 13 Jahre alt bist, trägst du deine Haare rot, sie sind zu deinem Markenzeichen geworden. Welches Gefühl gibt dir diese Farbe?
Comfort! Diese Farbe bin zu 100 Prozent ich. So sehe ich einfach am meisten nach mir aus. Ich glaube, die Menschen denken gar nicht mehr, dass meine Haare gefärbt sind, sondern dass sie so aus meinem Kopf herauswachsen (lacht). Das ist badmómzjay.

Du sprichst oft darüber, dass Jordan und badmómzjay zwei komplett unterschiedliche Personae sind.
Oh ja, Jordan chillt einfach so krass. Jordan hat immer einen Trekkie an, er ist quasi angewachsen. badmómzjay ist immer krass gestylt und bühnenready. Zu Hause, zum Beispiel, hat Jordan die meiste Zeit einen Pyjama an. Es ist selten, dass Jordan sich auffällig anzieht und sich fertig macht, wie badmómzjay es tun würde.

 

"Mir ist es unnormal wichtig, Haltung zu zeigen"

Im Lied „Bigger than Life“ rappst du darüber, dass du für Größeres bestimmt bist und „nicht gebor’n bist, um nur irgendwer zu sein“. Ist being „Bigger than Life“ dein Lebensmotto oder hast du diesen Status schon längst erreicht?
Auf eine gewisse Weise habe ich das erreicht, ja, aber ich finde, da geht immer noch mehr. Ich denke aber auch, dass es eher etwas ist, das ich für mich angenommen habe. Denn ich habe gemerkt, dass Gott mich woanders sieht, dass ich woanders hingehöre. Gott stellt mich auf Bühnen vor so viele Menschen. Ich habe eine andere Gabe und muss anders sprechen, weil so viele Leute zuhören und es ja auch immer mehr werden. Ich habe das jetzt verstanden und schätze es sehr.

In deinen Songs thematisierst du immer wieder Gott und auch jetzt gerade hast du deinen Glauben angesprochen. Was bedeutet dein Glaube für dich?
Sehr viel. Das wissen auch die meisten gar nicht, das ist ein Ding zwischen mir und Gott. Eigentlich rede ich gar nicht oft und offen darüber. Mein Glaube bedeutet mir sehr viel. Das ist für mich auch eine Art Guidance: Ich weiß, was ich hier mache. Ich weiß, ich bin beschützt, dass ich geleitet werde und alles so passiert, wie es passieren soll. Mein Gott ist mein Gott. Vielen Leuten gibt das etwas, anderen wiederum gibt es nichts. Ich bin cool mit allem.

Du gehst super offen mit deiner Bisexualität um und scherzt oft in deinen Lyrics darüber, wie du Männern ihre Frauen ausspannst. Damit drehst du die Machtverhältnisse im Rap um. Wie wichtig ist dir dieses Thema im Kontext des Genres, in dem du musikalisch arbeitest?
Being visible, wenn du queer bist, ist so essenziell. Mich zu zeigen, mich zu outen, zu sagen, wer ich bin, wen ich liebe, um auch anderen zu zeigen, dass ich hier bin und es Role Models gibt. Ich kämpfe für uns, ich stehe dafür und mache das gerne. Gefühlt muss ich das einfach, denn so viele können das nicht riskieren.

"Ich fühle mich fast schon verpflichtet dazu, meine Queerness zu thematisieren"

Ist es dir wichtig, in deiner Karriere Barrieren zu brechen?
Mir ist es unnormal wichtig, Haltung zu zeigen. Wir können alle ins Mikro rappen oder uns vor die Kamera setzen und irgendein Schmodder reden. Aber es ist wichtig, wichtige Themen anzusprechen. Denn wenn du so viele Leute erreichen kannst, warum sagst du nichts, was jemandem hilft, empowered und weiterbringt? Ich habe das immer gemacht, und ich werde auch nie damit aufhören.

Du bist gerade 23 Jahre alt geworden und stehst schon, seitdem du 15 bist, im Rampenlicht. Vor allem durch deine Haltung und Präsenz bist du zu einem Vorbild für viele junge Mädchen geworden. Wie geht es dir mit dieser Rolle, wird sie manchmal auch zur Bürde?
Die Frage ist, bis zu welchem Grad du ein Vorbild bist und inwieweit du tatsächlich ein Vorbild sein möchtest. Ich weiß, dass ich eine Vorbildfunktion angenommen habe, und ich versuche auch, alles dafür zu geben, ein gutes Vorbild zu sein. Gleichzeitig bin ich auch einfach nur ich und super jung. Ich muss auch noch ich sein und meine eigenen dummen Entscheidungen treffen dürfen. Ich kann nicht immer danach leben, was gut nach außen ist. Wenn ich selbst merke, dass ich privat schlechte Entscheidungen treffe, dann versuche ich auch das zu kommunizieren und gleichzeitig zu sagen: „Ich hab eine schlechte Entscheidung getroffen, aber bitte macht es besser als ich.“

„Für mich ist es das, was ein Vorbild wirklich ausmacht: nicht immer perfekt sein zu müssen"

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