Gleichzeitig ist es wichtig, die Grenzen der heutigen Kosmetikregulierung zu kennen: In Europa beispielsweise ist es laut Kosmetikverordnung untersagt, medizinisch-psychologische Zusammenhänge zu versprechen. Produkte dürfen offiziell nur der Verschönerung und Pflege dienen, obwohl die zugrundeliegende Wissenschaft zunehmend tieferes Wirken nahelegt. Die Forschung wie der regulatorische Rahmen befinden sich hier noch in einer frühen Phase, bestätigt Silva: „Es gibt kaum belastbare Studien, die Ernährung oder Pflege direkt mit Hautproblemen verknüpfen. Die bisherigen Erkenntnisse zeigen überwiegend, dass genetische Faktoren, Hormone und Stress die Hautgesundheit beeinflussen. Trotz gesellschaftlichem Druck und Marketing, das Betroffenen oft Schuldgefühle vermittelt, sind die meisten Hautprobleme von Faktoren abhängig, die wir kaum kontrollieren können.“ Gleichzeitig formen gesellschaftliche Erwartungen
unsere Wahrnehmung, genährt von verzerrten Realitäten wie Filtern und Idealbildern. Makel werden zu Störflecken, die dann wiederum negativ auf alle Facetten des mentalen Wohlbefindens wirken, bestätigt Silva: „Obwohl Kosmetik oft als oberflächlich und nur zur äußeren Verschönerung angesehen wird, ist es für viele, die unter Problemhaut und mentalem Stress leiden, der erste Schritt zur Selbsthilfe und -fürsorge.“ Einer davon kann die Macht des täglichen Rituals sein. Die spielen vor allem auch auf psychologischer Ebene eine wichtige Rolle, wenn es darum geht Stress und Emotionen zu regulieren oder Halt und Struktur inmitten von Unsicherheit zu geben.
Silva sieht genau hier das Potenzial von Hautpflege als Selbstfürsorge: „Im Prinzip lässt sich alles methodisch erforschen, etwa wie Produkte auf die Haut wirken.“ Gerade deshalb plädiert The Ordinary für mehr Aufklärung und Transparenz: Statt mit leeren Versprechungen zu werben, steht die klare Kommunikation über Inhaltsstoffe und deren tatsächliche Wirkung im Mittelpunkt. Silva erinnert zudem daran, dass bei aller Freude an Texturen, Düften und Ritualen nicht vergessen werden darf, dass Kosmetik auf Wissenschaft basiert. Selbst bei einfachen Produkten, wie Seren oder Cremes, sollten wir hinterfragen, was dahintersteckt. Dieses Wissen hilft zu entscheiden, wie konsumiert wird oder spiegelt einem selbst, wann ein Ritual zum Eskapismus wird und Pflege als Rückverbindung zu sich selbst praktiziert werden sollte. Bei der ganzen Suche nach dem großen „Warum“, sollten wir im Blick behalten, dass vieles am Menschsein über bloße Wissenschaft hinaus geht. Ob wir in den Spiegel unserer Befindlichkeiten blicken oder ihn lieber verhüllen: Vor unserer eigenen Wahrheit können wir uns nicht verstecken und nach Hilfe suchen und sie anzunehmen, ist immer der richtige Weg. Wir müssen nur erkennen, dass wir sie nicht in oberflächlicher Politur finden. Weder körperlich noch psychisch.