Once upon a couture week…
Satin, fließend wie Wasser. Kristalle, klar wie Sterne. Plissees, so fein gelegt wie ein zarter Windhauch – in ihren Spring 2025 Haute-Couture-Kollektionen, die letzte Woche in Paris präsentiert wurden, zeigt sich die Mode in ihrem Element und wird zum textilen Traum. Opulenter, feiner, üppiger, detailreicher – die Kreationen entführen uns in eine Märchenwelt und öffnen ein neues Designkapitel.
Diese Couture-Häuser haben uns die schönsten Geschichten erzählt:
Schiaparelli Haute Couture Spring 2025
Die Haute-Couture-Kollektion von Daniel Roseberry für Schiaparelli ist nach dem griechischen Mythos benannt: Hier fliegt Ikarus zu nah an die Sonne – und stürzt schließlich ab. „Haute Couture ist per Definition ein Streben nach Perfektion. Jede Saison gleicht einem Don-Quijote-Kampf, einem Aufstieg zu einer höheren Ausführungsebene und einer immer gewagteren Vision“, erzählt Roseberry.
Mit Trompe-l’Œil-Details, Pagodenhüften, Korsagen und Organzablüten erschafft er nicht nur das Bild einer Göttin, sondern zeigt auch seine eigene Ambition als Mode-Überflieger – ganz ohne Absturz.
Chanel Haute Couture Spring 2025
Once upon a Coco – Chanel ist das älteste noch aktive Couture-Haus der Welt und feiert in diesem Jahr 110 Jahre Schneiderkunst. Mit Tweed in vielfältigen Variationen, fließenden Silhouetten und klassischer Eleganz wird dieses Jubiläum zelebriert.
„Lippen so rot wie Blut, Haar so schwarz wie Ebenholz“ – das Bild von Schneewittchen entsteht vor allem durch den Make-up-Look und den ikonischen roten Lippenstift. Je nach Hautton wurden unterschiedliche Nuancen kombiniert: Rouge Rencontre und Rouge Allure Velvet Les Perles in den Farben 458 Sensuelle und 449 Sophistiquée.
Peet Dullaert Haute Couture Spring 2025
„Ich spürte das Bedürfnis nach etwas sehr Klarem und Sensiblem – nach raffinierten Lösungen in der Gestaltung skulpturaler Formen, im Umgang mit Stoffen und im Kontrast von Farben. All dies zusammen trägt zur Offenbarung einer Fragilität bei, die über den ersten Blick hinausgeht“, erklärt Designer Peet Dullaert seine Haute-Couture-Kollektion.
Feine Netze aus Kristallen, starke Stoffe und kunstvolle Edelstein-Ornamente an Körper und Gesicht verkörpern seine poetische und gleichzeitig kraftvolle Interpretation von Mode – eine Hommage an den mystischen Magier Merlin.
Peet Dullaert Haute Couture Spring 2025
Dior Haute Couture Spring 2025
Die federartigen Mohawks der Dior Haute-Couture-Show – eine Symbiose aus Guido Palaus Haarstyling und den Headpieces von Stephen Jones – erinnern an den Black Swan aus Schwanensee. Doch statt zu klassischer Musik würde dieser Schwan zu Punk tanzen: kein fragiles Wesen, sondern ein freier Vogel.
„Auch das Make-up hat ein Fairytale-Feeling mit einem punky edge“, erklärt Diors Makeup Director den Look, geprägt von rosigen Wangen und separierten, kantig geformten Brauen.
Giorgio Armani Privée
Zwischen Nostalgie und Fernweh zelebriert Giorgio Armani mit seiner Privé-Kollektion neue und Archiv-Designs in seiner präzisen Silhouette. Auf fast allen Stücken schimmert es: Mal wie ein Kristallregen, mal wie ein sanfter Glanz oder samtiger Schimmer.
So verschmelzen Nachthimmel und Sternschnuppen zu magischen, anmutigen Kreationen – ein modernes Märchen, das an Sterntaler erinnert.
Giorgio Armani Privée
Giambattista Valli Haute Couture Spring 2025
Jede Robe in der von Marrakesch inspirierten Haute-Couture Spring 2025 Kollektion des italienischen Designers wirkt königlich. Seine klare Silhouette ist unverkennbar, die ikonische Schleife taucht immer wieder auf – auch als Kopfschmuck.
So inszeniert er das moderne Rotkäppchen: als mächtige Heldin, die sich selbst gefunden hat.
Giambattista Valli Haute Couture Spring 2025
Rahul Mishra Haute Couture Spring 2025
Rahul Mishras Dornröschen
„The Pale Blue Dot, ursprünglich ein gesprochener Essay von Carl Sagan, vermittelte mir eine tiefgreifende Sichtweise, als ich über diese Kollektion nachdachte“, erzählt Designer Rahul Mishra.
Er thematisiert die Dunkelheit mit tiefschwarzen Roben und schimmernden Skylines, aber auch den durch die Menschheit verursachten Verfall. Gleichzeitig zeigt er eine Welt, die sich die Natur und die Tiere zurückerobern – mit goldenen Ranken und Ornamenten.
Gerade dieser Moment erinnert an Dornröschen – an eine Art Wachküssen der Erde, in dem sich das Gleichgewicht zwischen Zerstörung und Erneuerung spiegelt.
Rahul Mishra Haute Couture Spring 2025
Germanier Haute Couture Spring 2025
In den Shownotes beschreibt Kevin Germanier eine überperfekte Vorstadtprinzessin á la Bree Van de Kamp, die eine Germanier-Perle schluckt – und sich so in La Femme Germanier verwandelt: lebendiger, größer, freier. Ein Manifest gegen toxische Perfektion. „Ich habe mir vorgestellt, dass Bree eine Pille schluckt und plötzlich ein bisschen verrückt und bunt wird. Das wollte ich auf dem Laufsteg sehen“, sagt der gebürtige Schweizer.
Die Storyline erinnert an Alice im Wunderland, an ihre explosive Transformation und ihre Flucht aus der Eintönigkeit in eine farbenfrohere Realität. So explodieren Perlen, Quasten und Strass auf Anzügen und Kleidern – selbst Stiefel und Accessoires basieren teilweise auf Second-Hand-Stücken, einem Fragment der alten Welt.