Bei Soundkünstlerin Coucou Chloe wird Klang zum Körper und Stille zur Stärke

Coucou Chloe versteht Musik nicht nur als Klang, sondern als eine Erfahrung. Die Musikerin, DJ und Produzentin kreiert Werke, die sich wie ein innerer Zustand anfühlen, zugleich flüchtig und intensiv, wie ein Tagebuch aus Beats und Bildern. In ihrer Kunst liegt eine stille Kraft, die bewusste Entscheidung, nicht laut zu sein, sondern in der Stille zwischen den Tönen Bedeutung zu finden. Als Teil der H&M-Kampagne „Notes on Being“ gemeinsam mit Visionärinnen wie FKA twigs und Tyla, und in ihrer Auseinandersetzung mit den verschwimmenden Grenzen zwischen Selbst und Anderem, zeigt Coucou Chloe: Musik und Kunst entsteht nicht durch Lautstärke, sondern durch Verbindung.

Unser Redakteur Samir Duratović traf Musikerin Coucou Chloe bei ihrem Pop-up-Bakery-Event im H&M-Store in Berlin und sprach mit ihr über die Schönheit im Chaos, Mode als Instinkt und über die unsichtbaren Fäden, die uns alle miteinander verbinden.

TUSH: Musik und Mode scheinen bei dir immer Hand in Hand zu gehen. Was bedeutet dir diese Verbindung?

Coucou Chloe: Ich glaube, das ist etwas ganz Instinktives, ich denke nicht bewusst darüber nach. Für mich ist Musik ganz automatisch mit Bildern verbunden. Beides ergänzt sich einfach. Es sind unterschiedliche Wege, etwas auszudrücken, das über Worte hinausgeht. Ehrlich gesagt: Selbst wenn man es wollte, könnte man Musik und visuelle Eindrücke gar nicht voneinander trennen – sie gehören einfach zusammen. Musik ist für mich, genau wie Mode, ein Prozess des Drapierens, Formens und Gestaltens – etwas zu erschaffen, das zeigt, wer man ist.

Deine Tracks wirken oft wie ein intimes, digitales Tagebuch. Ist Musik für dich eher Selbstschutz oder eine Einladung zur Verbindung?

Beides, würde ich sagen. Wie du schon meintest: Es fühlt sich manchmal wirklich wie ein Tagebuch an, eine Einladung, in meine Welt einzutreten. Aber gleichzeitig lade ich auch mich selbst dazu ein, tiefer in meine Gefühle einzutauchen. Musikmachen hilft mir dabei, das Chaos in meinem Kopf zu sortieren, oft verstehe ich vieles erst richtig, wenn ich es erschaffe. Es ist ein Entdeckungsprozess, für mich selbst und für alle, die zuhören.

Du hast einmal gesagt, dass dich Schönheit nur dann interessiert, wenn sie wehtut. Kannst du das näher erklären?

Ich glaube, ich meinte damit, dass ich Schönheit im Chaos finde. Ich verbinde Chaos nicht zwingend mit Schmerz, aber es gibt eine Art von Schönheit, die aus Dingen entsteht, die nicht perfekt aufgeräumt oder harmonisch sind. Schönheit ist für mich etwas unglaublich Subjektives, mehr ein Gefühl als etwas, das man klar benennen oder zeigen könnte. Manchmal ist dieses Gefühl chaotisch oder schwer zu fassen, aber genau das macht es für mich echt.

In einer Welt voller Lärm und ständiger Selbstdarstellung: Wie gelingt es dir, ruhig zu bleiben und trotzdem eine starke Wirkung zu entfalten?

Indem ich einfach ruhig bleibe und trotzdem präsent bin. Ich habe nicht das Bedürfnis, mich ständig überall zu zeigen. Das entspricht einfach nicht meinem Wesen. Ich glaube auch, dass eine gewisse Distanz etwas Magisches haben kann. Als ich aufgewachsen bin, fand ich Künstler*innen immer besonders faszinierend, die nicht ständig präsent waren, das ließ Raum für Vorstellungskraft. Wenn jemand immer und überall sichtbar ist, geht etwas von diesem Geheimnis verloren. Ich lasse lieber die Musik für sich sprechen und tauche dann auf, wenn es sich richtig anfühlt.

Deine Zusammenarbeit mit H&M ist Teil einer größeren Kampagne mit Künstlerinnen wie FKA twigs und Tyla. Was bedeutet es dir, Teil dieser kreativen, weiblichen Community zu sein?

Es ist einfach wunderschön und schwer in Worte zu fassen, ehrlich gesagt. Teil einer Community von so starken Künstlerinnen zu sein, fühlt sich unglaublich besonders an. Ich bin einfach nur dankbar, dabei sein zu dürfen. Es ist ein Geschenk, von so viel Kreativität und Stärke umgeben zu sein, etwas, das ich für immer in mir tragen werde.

Was bedeutet Notes on Being für dich persönlich – und wie hängt die Zeile „I see your Face in every place“ damit zusammen?

Wenn ich an „Being“ denke, dann geht es für mich um Präsenz, darum, einfach hier zu sein. Die Zeile „I see your face in every place“ fühlt sich für mich fast wie ein Mantra an, repetitiv, fast ein bisschen manisch. Als ich sie geschrieben habe, ging es nicht um romantische Liebe. Es ging vielmehr darum, sich selbst in der Welt um einen herum gespiegelt zu sehen. Es zeigt, wie sehr wir einander brauchen, um uns selbst zu erkennen. Es ist nicht egozentrisch, es geht um Verbindung, um den ständigen Austausch von Energie und Identität zwischen uns allen.

English Version

Music and fashion just seem to go hand in hand in everything you do. What is it about that connection that really speaks to you?

I think it’s very instinctive, it’s not something I consciously think about. Music naturally comes with a visual element for me. They complement each other. Both are just ways of expressing something beyond words. Honestly, even if you tried, you can’t really separate music from visuals, they’re tied together. Music, like designing clothes, is about draping, shaping and sculpting, crafting something that expresses who you are.

Your tracks often feel like an intimate, digital diary. Is your music a form of self-protection or more of an invitation to connect?

I think it’s both. Like you said, it can feel like a diary, an invitation for people to enter my world. It’s also an invitation for myself to dig deeper into what I’m feeling. Making music helps me navigate what’s going on inside my head, often things I don’t fully understand until I create. It’s a discovery process, both for me and for whoever’s listening.

You once said beauty only interests you when it hurts. Can you elaborate on that?

I think what I meant was that I find beauty in chaos. I don’t necessarily connect chaos with pain, but there’s a kind of beauty that comes from things that aren’t perfectly polished or peaceful. Beauty, to me, is very subjective. It’s more about a feeling than something you can just point at and label. Sometimes that feeling is messy or hard to explain, but that’s what makes it real.

In a world full of noise and constant self-promotion, how do you maintain a quiet presence while still making a meaningful impact?

I guess by simply being quiet while still being present. I don’t feel the need to constantly be in people’s faces. That’s just not who I am. I also think there’s something magical about maintaining a bit of distance. Growing up, I loved when artists had this space around them, it left room for imagination. When an artist is always visible, some of that mystery disappears. So I prefer to let the music speak for itself and then show up when it feels right.

Your collaboration with H&M is part of a bigger campaign alongside artists like FKA Twigs and Tyla. What does it mean to you to be part of that kind of female creative community?

It’s beautiful, honestly, it’s hard to even put into words. Being part of a community of such powerful artists feels really special. I’m just deeply grateful to be included. It’s an amazing experience to be surrounded by so much creativity and strength. It’s something I’ll always carry with me.

What does „Notes on Being“ mean to you personally and how does the line „I see your face in every place“ connect to that meaning?

When I think about „being,“ it’s about presence, simply being here. That line, „I see your face in every place,“ almost feels like a mantra, repetitive, almost a little manic. When I wrote it, it wasn’t about romance, it was more about seeing myself reflected in the world around me. It’s about the way we need each other to understand ourselves. It’s not egocentric, it’s about connection, about how we’re all part of a constant exchange of energy and identity.

[Text / Interview ]
Samir Duratović
[Fotos ]
H&M Pr
April 30, 2025
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