Katharina Grosse erweitert und aktualisiert unser Verständnis von Malerei und Bildlichkeit. Ihre Arbeiten werfen Fragen auf wie: Was löst ein Bild aus? Was kommuniziert es? Und wie wird es heute gelesen?
Katharina Grosse erweitert und aktualisiert unser Verständnis von Malerei und Bildlichkeit. Ihre Arbeiten werfen Fragen auf wie: Was löst ein Bild aus? Was kommuniziert es? Und wie wird es heute gelesen?
Unser Visual Editor Samir Duratović war zur Pressekonferenz ihrer Ausstellung Wunderbild in den Deichtorhallen Hamburg.
Katharina Grosse wird in Freiburg geboren und studiert an den Kunstakademien Münster und Düsseldorf bei Norbert Tadeusz und Gotthard Graubner. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin und Neuseeland. Grosse verbindet Malerei mit Raum und Umgebung, Architektur und Körper. Sie fokussiert sich nicht auf Dinge, sie sieht das große Ganze. Und genau dieses „Grosse Ganze“ macht ihre großen Werke aus. Ein Beispiel dafür ist Wunderbild, das größte transportable Bild, das derzeit in den Deichtorhallen Hamburg ausgestellt wird. Wunderbild verschmilzt mit dem gesamten Raum zu einem umfassenden Gesamtbild.
Grosse nutzt keine Pinsel, sondern industrielle Sprühpistolen. Farbe ist ihr Werkzeug. Somit berührt sie den Untergrund nicht, sondern nur die Farbe selbst. Wunderbild ist eine Art Farbschlucht, eine Bildgewalt aus Farbe und Klang, das auch die Wahrnehmung von Raum, Zeit und Gegenwart verschiebt. Das Werk assoziiert Höhlenmalerei, Freskenarbeiten und barocke Raumillusion und ist mehr imaginärer Space als Bild.
Es wirkt, als sei das Museum selbst zu ihrem Atelier geworden. Die Installation gewährt uns einen Einblick in ihren malerischen Prozess, im hinteren Teil der Ausstellung werden Skizzen und Vorstudien gezeigt. Wir erleben das Entstehen eines Bildes: das Ent- und Verwerfen, das Verändern, das Ausschließen – alles wird sichtbar. Grosse zeigt nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Weg dorthin und macht den künstlerischen Prozess zu ihrem Manifest.
Bei der offiziellen Pressekonferenz stellt unser Autor Samir Duratović, der kein klassischer Kulturjournalist ist, sondern selbst in Bildern denkt, eine für den Anlass scheinbar untypische Frage:
„Als Beauty-Magazin beschäftigen wir uns ständig mit Farbe und Make-up als Ausdruck von Persönlichkeit. Wie würde ein Gesicht aussehen, auf das Sie im Sinne von Make-up Farbe auftragen, Frau Grosse?“
Um ihn herum ertönt zurückhaltendes Gelächter, seine Frage amüsiert einige. Frau Grosse antwortet:
„Ich sehe nicht das Gesicht, sondern das, was drumherum ist, und was dazwischen liegt. Ich folge nicht der Form, sondern dem Prozess. Der Weg von der Palette zum Bild entscheidet, wie das Gesicht aussehen würde. Ich distanziere mich vom Selbst und nähere mich dem Gesamtbild an. Ich sehe nicht das Auge oder den Mund, ich sehe ein Bild.”
Unser Visual Editor wertschätzt, wie anti-elitär Grosses Antwort ist und erkennt, wie sehr sich viele der Leute im Raum, die auch zur Pressekonferenz geladen sind, zu einem ganz spezifischen, elitären Teil der Kunst zählen. Die Künstlerin selbst hat die Frage ernst genommen und steht über den Dingen. Das Große Ganze.
Die Ausstellung „Wunderbild“ von Katharina Grosse in den Deichtorhallen Hamburg ist vom 05.06 bis zum 14.09 täglich von 11 Uhr 21 Uhr geöffnet. Mehr Informationen unter Deichtorhallen.de
Editor : Samir Duratović
Photo : © VG Bild-Kunst Bonn, 2025. Foto: Henning Rogge