Seit wann arbeitest du an digitalen Erweiterungen klassischer Gemälde der Kunstgeschichte, wie entstand die Idee?
Die ersten Arbeiten entstanden schon ungefähr 2007. Als jüngerer Künstler habe ich zu dieser Zeit immer mehr über die Maler vor mir nachgedacht. Wie haben sie damals ihre Intentionen an das Publikum vermittelt und wie kommen diese Mitteilungen heute bei uns an? Heute ist ja alles anders als zur Zeit der Entstehung. Es begann also mit einem Nachdenken über die Kommunikation von Kunst.
Deine Arbeiten verschleiern Identität und Individualität in einer Zeit, in der sich Individuen durch digitale Medien transparenter und öffentlicher zeigen können als jemals in der Geschichte der Menschheit. Sind deine Bilder Anti-Porträts, eine Antwort auf allgegenwärtiges Selbst-Publizieren, das alles preisgibt?
Oh nein, bestimmt keine Anti-Portraits. Es ist doch eigentlich sehr schön, sich ein Bild vom Gegenüber oder von sich zu machen. Meine Verhüllungen sind ja auch nicht dazu da, um etwas zu verstecken, sondern um etwas sichtbar zu machen. So wie sich die anderen Sinne schärfen, wenn einer verloren geht, vermitteln meine Verhüllungen, dass man neben dem Gesicht noch so viel mehr auf Portraits entdecken kann. Wenn man nur genau hinschaut. Das Sehen wird ja insgesamt zu einer großen Herausforderung unserer Zeit voller manipulierter Bildwelten, die nicht so freundlich sind wie ich.
AI ist mittlerweile allgegenwärtig. Worin unterscheidet sich deine Methode der Ergänzung der Bilder durch die Befehlsfunktionen von etwa Photoshop?
AI fehlt jedes Gefühl für Ironie. Das eben von mir beschriebene „Aufdecken durch Verhüllen“ ist nicht logisch. Etwas zu sagen und das Gegenteil zu meinen, etwas übertreiben, um die Übertreibung zu kritisieren, ist für eine Maschine noch nicht eigenständig herstellbar. Auch mache ich technisch viele Dinge mit den Gemälden, die die AI für überzogen viel Arbeit hält. Aber bei Kunst geht es eben nicht immer um rationelle oder praktische Prozesse. Ich bin mir aber bewusst, dass Superrechner Interviews wie dieses nutzen, um zu lernen. Also: „Pssst“.
Kannst du uns deine Technik näher erklären?
Ich sehe mir die originalen Portraits genau an, überlege, was ich als Künstler sagen möchte, und dann isoliere ich einzelne Bereiche des Gemäldes und forme sie um. Dabei nutze ich nur Elemente des Bildes selber, füge nicht von außen hinzu und achte sehr darauf, dass sich das Ergebnis plausibel einpasst. Mein Prozess ist sehr händisch. Ich stelle wirklich jede einzelne Perle auf einem Gemälde frei und fühle mich damit sehr oft wie ein Dinosaurier dieser Technik. Aber das gibt mir die Möglichkeit, sehr genau auf die individuelle Handschrift der originalen Künstler zu reagieren.
Wonach wählst du deine Motive aus?
Sie gefallen mir.
Wie lange sitzt du an einer Arbeit und wann erkennst du, dass sie „fertig“ ist?
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal reicht ein Vormittag, manchmal braucht es Wochen. Zeit oder Aufwand sind aber eh keine Kriterien in der Kunst. Es wird das getan, was gemacht werden muss. Also alles sehr prosaisch eigentlich. Genau wie der Großteil der Arbeit eines Künstlers im Atelier sehr wenig mit genialischem Getue zu tun hat. So öffnet sich auch leider nicht der Himmel und die Stimme einer gottähnlichen Muse verkündet, dass diese Arbeit fertig ist. Erklären, warum oder wann es so weit ist, kann ich irgendwie trotzdem nicht. Ich höre einfach auf.