Die Welt, in der Sängerin und Songwriterin Leony heute lebt, hat nur wenig mit ihrem ,,Heimatplaneten‘‘, wie sie selbst ihn betitelt, zu tun. Als Leonie Burger wächst sie im kleinen Örtchen Chammünster in Bayern mit einem großen Traum auf: von der Musik zu leben und auf der Bühne zu stehen. So bewirbt sich die heute 27-Jährige im Jahr 2014 bei der Castingshow ,,Rising Star‘‘ und gewinnt als Mitglied der Band ,Unknown Passenger‘. Später startet sie als Solokünstlerin durch und feiert mit Radiohits wie ,,Remedy‘‘ oder ,,Holding On‘‘ große Erfolge. Für die Europameisterschaft 2024 singt sie den offiziellen UEFA-Song ,,Fire‘‘. Auf den folgenden Seiten hebt der Popstar in Mugler ab und landet in einer nicht ganz so fernen Galaxie – unseren TUSH Studios – als 1990er-Jahre-Alien-Supermodel!
Du stehst bei unserem Shooting heute nicht nur als die Sängerin Leony vor der Kamera, sondern performst fast alienhaft in Mugler. Wie gefällst du dir in dieser Rolle?
Ich liebe es, in andere Rollen zu schlüpfen, und finde es immer wieder faszinierend, wie man mit verschiedenen Looks unterschiedliche Persönlichkeiten zum Ausdruck bringen kann. In meinem Privat-leben bin ich eher casual gekleidet. Es wäre auch komisch, im Tour-bus mit einem hautengen Lederkleid von Mugler aufzutauchen. Umso mehr liebe ich es, auf der Bühne oder bei einem Shooting auszubrechen.
Du lernst durch deinen Beruf oft spannende Leute kennen und bereist neue Orte. Wenn du zurück in deinen kleinen Heimatort Chammünster in Bayern kommst, fühlt sich das im Vergleich mittlerweile an wie ein anderer Planet?
Für mich wird Chammünster immer mein ,,Heimatplanet‘‘ bleiben, mein Ruhepol und der Ort, wo die Welt gefühlt ,,in Ordnung‘‘ ist. Aber natürlich, die Unterschiede zu meinem jetzigen Leben könnten nicht größer sein. Vielleicht ist es aber genau das, was ich zwischen all der Schnelllebigkeit, Unbeständigkeit, zwischen den ständig neuen Orten und neuen Menschen so daran liebe: dass sich, jedes Mal, wenn ich zurück in meine Heimat komme, kaum etwas geändert hat.
Wie wichtig ist es dir, weiterhin mit den Leuten vor Ort zuconnecten, um dich in deinem Leben immer wieder zuerden?
Vor allem meine Familie und Freund:innen spielen eine große Rolle dabei. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meinen Liebsten aus der Heimat, und meine besten Freund:innen sind die gleichen seit der 5. Klasse. Wir kennen jede Seite voneinander, haben jeden Rückschlag miterlebt und wissen, wir können uns immer aufeinander verlassen. Auch wenn ich die Freundschaften liebe, die ich über die letzten Jahre im Business geschlossen habe, geht für mich nichts über meine Fami- lie und meine Freund:innen aus der Heimat, da kann ich voll und ganz Leonie sein.
Dein erstes Album heißt ,,Somewhere In Between‘‘ . Inwiefern hast du dich selbst immer so gefühlt, dass du ,,irgendwo zwischen den Welten‘‘ lebst?
Ich hatte eine Bilderbuchkindheit auf dem Dorf in Bayern und mir hat es an nichts gefehlt. Trotzdem war es für mich ganz klar, dass das nicht alles ist, was die Welt zu bieten hat. Ich wollte in die Großstadt, ich wollte reisen, und vor allem wollte ich Sängerin werden. Das sind natürlich Träume und Wünsche, die nicht jeder aus meiner Heimat nachvollziehen konnte, und für viele war ich ,,zu viel‘‘ oder ,,zu übertrieben‘‘. Auf der anderen Seite hatte ich natürlich aber auch über meine Zeit in Bayern viele Werte und Eigenschaften gesammelt, die der Musikwelt, der Popwelt und vor allem der Medienwelt zu ,,normal, brav und langweilig‘‘ waren. Egal, wo ich also war, irgendwas hat immer jemandem nicht gepasst. Also habe ich aufgehört zu versuchen, es den Leuten recht machen zu wollen, und habe angefangen, es zu lieben, dass ich ,,irgendwo dazwischen‘‘ bin. Bayrische Werte im Inneren, die selbstbewusste extrovertierte Frau in auffälligen Styles auf der Bühne.
Normalerweise kennt man dich vor allem für deine Hit-singles aus dem Radio, dieses Jahr hast du sogar den Song zur EM gesungen. Ist es eine Herausforderung, deine Musik und gleichzeitig auch deine Person zu promoten in einer Zeit, in der so viele Popstars über unterschiedliche Medien geboren werden?
Für mich liegt die Herausforderung darin, mir immer treu zu bleiben und mich trotzdem immer wieder neu zu erfinden und den Leuten neue Facetten zu zeigen, sowohl musikalisch als auch als Person auf Social Media. Jeder jagt dem nächsten Trend hinterher und man hat das Gefühl, man müsste alle paar Monate einen Beweis dafür liefern, dass man immer noch interessant ist. Allerdings sehe ich es als positive Challenge, meinen Horizont zu erweitern und auch mal aus meiner Komfortzone auszubrechen. Heutzutage gehen Social Media und Künstlerin-Sein eben Hand in Hand.
Welche Rolle spielen soziale Medien für deine Karriere?
Seit ich auf Social Media aktiver bin, hat sich in meiner Karriere viel geändert. Vorher kannten viele Leute meine Songs, aber niemand hatte ein Gesicht vor Augen oder kannte meinen Namen. Was ich vorher gar nicht so wirklich als Problem angesehen habe, bis es darum ging, meine erste Tour zu spielen und die Ticketverkäufe am Anfang eher sporadisch ausgefallen sind – klar, denn wer kauft schon Tickets für eine Künstlerin, die er nicht kennt? Am Ende habe ich eine ausverkaufte Tour gespielt, tolle Fans dazugewonnen und Social Media eher als Möglichkeit gesehen, selbst in der Hand zu haben, wie ich mich zeige und was ich zeige, und ich kann mich selbst promoten.
Fällt dir das leicht oder ist es oft eine andere Sphäre für dich?
Am Anfang waren gewisse Dinge auf jeden Fall eine Überwindung für mich, aber man wächst mit seinen Aufgaben. Was ich aber vor allem gelernt habe, ist, dass einem auf Social Media nichts peinlich sein darf. Die Videos, bei denen ich dachte: ,,Kann ich das hochladen oder ist das zu viel, zu peinlich, zu dies oder zu das?‘‘, die haben eigentlich immer am besten funktioniert. Wenn Videos nicht viral gegangen sind, dann hat sie sowieso kaum jemand gesehen. Ich musste mich von dem Gedanken trennen, dass ich doch ,,eine ernst zu nehmende Musikerin bin und kein Content-Creator‘‘. Jetzt bin ich eine ernst zu nehmende Musikerin, die eben auch mal Videos auf Social Media hochlädt.
Welche Songs sind für dich so gut wie nicht von dieser Welt und inspirieren dich und deine Musik?
Auf meiner privaten Playlist findet man alles von Michael Jackson, Spice Girls, Lady Gaga, Scooter, Novo Amor, Coldplay und vielen mehr. Klassik und Indie, Mainstream-Pop und Oldschool-Rock, Oldies und aktuelle Charts. Vielleicht ist es aber genau das, was mich inspiriert, Musik aus verschiedenen Jahrzehnten und verschiedenen Genres. Einer meiner Lieblingssongs, um die Welt um mich herum kurz zu vergessen, ist ,,All I Can Think About Is You‘‘ von Coldplay.
Wird dir der Trubel des Musikbusiness gelegentlich zu viel? Hast du manchmal Eskapismusgedanken?
Nein. Ich würde lügen, wenn ich sage: ,,Urlaub wär das Letzte, was ich gerade brauche‘‘, gleichzeitig erfüllt mich mein Job und meine Leidenschaft so sehr, dass ich mir nach zwei Tagen Pause denke: ,,So, wann geht’s jetzt wieder auf die Bühne?‘‘. Natürlich gibt es gewisse To-dos in meinem Beruf, die sich mal mehr und mal weniger als Pflicht anfühlen, grundsätzlich sehe ich es aber als absolutes Privileg, das tun zu dürfen, von dem ich seit Kindesalter an geträumt habe. Die Welt bereisen, tausende von Menschen bewegen, auf der Bühne stehen, im Studio und kreativ sein. Welcher Mensch kann das schon von seinem Beruf behaupten, und ich bin absolut dankbar dafür, dass ich dieses verrückte Leben leben darf.
Wenn du träumen dürftest: lieber ein Konzert auf dem Mond oder in einem Club in einem Raumschiff?
Lieber ein Konzert auf dem Mond. Ich bin grundsätzlich nicht mehr gerne in Clubs, und mit einem Konzert auf dem Mond kann, glaube ich, nichts mithalten. Ich spare mir außerdem das Bühnendesign: Welcher Hintergrund kann schöner sein als der Mond, die Sterne und dahinter das Universum?