Eigentlich rieche ich selten an Dingen, die ich mir danach nicht unter den Gaumen spüle. Dennoch ist der Duft bei meinem Metier – dem Wein – weit mehr als ein Beiwerk. Wer das Riechen als abgespecktes Schmecken betrachtet, hat von Wein so viel verstanden wie Jean-Baptiste Grenouille vom Selbstbestimmungsrecht der Frau. Der Duft – oder wie man in der Weinsprache sagt das Bouquet – macht den Wein spürbar, am Gaumen wird er erörtert. In der Nase schmeckt man mit dem Herzen, im Mund mit dem Kopf.
Wein und Parfum vereint dabei – soviel habe auch ich als Parfum-Banause mittlerweile verstanden –, dass das Wie viel wichtiger ist als das Was. Die Attribute Zitrus, Holz, Johannisbeere können einen ebenso phantastischen wie grauslichen Wein beschreiben. Oft lässt sich gar nicht genau ausmachen, was ein gutes Bouquet von einem schlechten jetzt so genau unterscheidet. Kognitionswissenschaftler sagen zwar, dass Gerüche im Hirn verarbeitet werden, aber ich bin mir sicher, dass sie im Herzen entstehen und man sie dorthin lassen muss, um sie zu begreifen.
Wein mit Parfum zu kombinieren, ist also gar kein so abwegiges Unterfangen. Parfum mit Rioja zu kombinieren auch nicht, denn was die Weinbauregion im Norden Spaniens ausmacht, lässt sich oft schon im Bouquet erleben. Gerade treffen in der Rioja die Modernisten auf die Traditionalisten, die reintönigen und fruchtigen auf die rustikalen und erdigen Weine.
Die Region im Wandel in sechs Düften.