Gut gebaut

Creative Director rekonstruiert Coolness für das schwedische Label J.Lindeberg

„Under construction“ nennt Creative Director Jens Werner seine zweite Kollektion für das schwedische Label J.Lindeberg – Tatsächlich hat er die einst für Golf- und Sportmode bekannte Marke ziemlich umgebaut.
Mit zeitgeistigen Design und moderner Inszenierung zeigt er zur Kopenhagen Fashion Week seine Vision. Die neue, lindbergische‘ Lässigkeit ist inspiriert vom sleeken East Coast Look im Kontrast zum Skater-Streetstyle der West Coast, spielt mit Oversize-Silhouetten zu schmalen Konturen, Sportswear-Elementen aber auch klassischen Cuts, komplementiert durch Accessoires, die genau in die Kerbe zwischen angesagt und zeitlos treffen. Das Rebranding hört aber nicht am Kleiderbügel auf: Der kalkulierte Kontrast zieht sich auch in der Casting aus Street-Faces und Models, auch das Rohbau-artige Industrie-Setting passt zur Intention.
Der Umbau ist vielleicht noch nicht abgeschlossen, aber das Gerüst steht auf jeden Fall. Und die Fashion ist auch schon im Shop.
Zur Show in Kopenhagen sprachen wir mit dem Deutschen Kreativen über seine Vision.

East trifft West Coast: LA-Skater-Style und NYC-Taxi-Gelb
Cool gecastet: Elsa für J.Lindeberg
Charakter anstatt Cutie: Model Vetle
Zeitlosigkeit trifft Zeitgeist: Trench zur Baggy

Ist Sportswear die neue Haute Couture?

Nein. Aber Sportswear gewinnt immer mehr Relevanz, weil sie vielfältig ist und modern. Und mittlerweile akzeptiert. Sportswear hat so viel Interpretationsspielraum – was meiner Meinung nach der Grund ist warum es so Vielen gefällt. Man kann sicherlich auch einen Einfluss der Sportswear auf Haute Couture sehen. Aber das liegt eher daran, dass sich auch Haute Couture neu definieren muss, um relevant für nächste Generationen zu bleiben. Diese Generation wächst in einem Street – und Sportswear Markt auf, in dem es kaum noch Grenzen und Einschränkungen gibt, wie man was zu welchen Anlass trägt.

Wie kann man heute noch etwas Neues entwickeln? 

Ich denke man kann sehr wohl Neues entwickeln. Aber es geht viel mehr um Details, technische Stoffe, Schnitte, und vor allem um Styling. Bei J.Lindeberg arbeiten wir an Sport und Mode, und in beiden Konzepten versuchen wir jede Saison aufs Neue, eigene Stoffe zu entwickeln. Den Prozess begleiten wir von der Auswahl der Rohmaterialien bis hin zum ‚Finishing’. Somit haben wir in vielen unserer Produkte unsere eigenen Materialien, die nur wir anbieten, mit speziellen Funktionen und unserer Ästhetik. Heute ist Mode und Innovation geprägt vom Styling einer Kollektion und der Show – es ist nicht nur die Kleidung. Mit neuen Kombinationen wird jede Saison ein neue Look definiert, der innovativ ist und es erlaubt Klamotten aus verschiedenen Bereichen zu kombinieren. Oftmals sind es gängige Produkte, die nicht kompliziert sind und die jeder schon in einer gewissen Ausführung besitzt – durch ein neues Styling und Zusammenhang werde sie aber innovativ.

Feeling oder Facts: Was beeinflusst Sie mehr?

Ganz klar – Feeling. Fakten sind zwar wichtig, vor allem im kommerziellen Bereich, damit man weiss wie weit kann man gehen, und wo ist die Grenze überschritten. Man sollte immer die Fakten, den Markt und die Konkurrenz  kennen, aber sich letztlich nicht zu sehr davon beeinflussen lassen. Um etwas ganz Neues zu schaffen, kann man sich nicht nur auf Fakten berufen.

Was brauchen Sie, um kreativ zu sein? 

Es kommen die besten Ideen, wenn man es nicht zu sehr erzwingt und wenn man Zeit für sich hat. Viele meiner Ideen kommen spontan wenn ich in der U-Bahn sitze, wenn ich Leute auf der Straße beobachte, oder in Gespächen mit Andren.
Ich sende endlos viele E-mails an mich selbst, mit der Idee im Betrefffeld – damit ich sie nicht vergesse. Und, ein leeres Papier und Bleistift reizt mich immer. Ich arbeite übrigens am Besten analog, ‚old school’ mit Papier und Stift, fühlt sich einfach persönlicher für mich an, besser als am Computer.
Für Kreativität braucht man meist auch viel Freiheit. Man muss Dinge auszuprobieren, auch überdenken.

Wann wissen Sie: Jetzt ist eine Kollektion perfekt? 

Ich glaube, dass kein Kreativer je Voll und Ganz zufrieden ist, man findet immer Kleinigkeiten, die man anders machen würde, wenn man die Zeit und Möglichkeit hätte. Aber – normalerweise fühlt sich eine Kollektion gut an, wenn sie stimmig ist, zusammen passt, und vor allem eine Aussage hat, auf den ersten Blick. Farben, Materialien, Silhouetten, die klar rausstechen wenn man die Kollektion zusammenhängen sieht. Die komplette Perfektion einer Kollektion kommt meist ganz zum Schluss, kurz vor der Show. Da sind es dann die kleinen Details, die man noch besser macht. Da geht es auch um Branding, das man noch hier und da anbringt, so dass alles Sinn macht und es klar nach einer Linie aussieht.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Mode? 

Ich wünsche mir eine noch weiter verbreitete und akzeptierte Vielfalt an Mode, dass jeder sich noch mehr traut seinen eigenen Stil zu finden und sich selbst auszudrücken. Und natürlich, dass Sportswear eine noch größere Rolle in alltäglicher Bekleidung spielen wird.

 

 

[Text & Interview]
Laura Dunkelmann
[Foto]
PR, Adam Katz Sinding
August 14, 2018
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