Wo Cindy Clowns

CINDY SHERMAN Untitled #133 1984, Staatsgalerie Stuttgart © Cindy Sherman, Courtesy the artist and Hauser & Wirth

»Ich habe eine jugendliche Faszination für alles Abscheuliche. Immer wenn ich überlege, was mich an den Dingen abstößt, bin ich noch interessierter daran. Dann muss
ich das erkunden.« Cindy Sherman

CINDY SHERMAN Untitled #410 2003, Privatbesitz © Cindy Sherman

Falsche Brüste, Prothesen, Perücken und Kostüme – Cindy Shermans Arbeitsplatz hat vieles mit unseren Fotostudios gemeinsam. Doch die amerikanische Künstlerin nutzt die Mengen an Make-up und Accessoires nicht, um zu verschönern. Ihr Ziel ist, ihre Oberfläche so zu verzerren, dass sie ganz und gar in einer neuen Rolle verschwindet, nur für ein Foto. Und da sind einige zusammengekommen in den letzten 50 Jahren. Film-noir-Heldinnen, Centerfold-Models, Clowns und schrullige Hollywooddiven – Sherman war sie alle. Berühmt für ihren Arbeitsprozess ohne Assistenten im Studio und mit einer pedantischen Liebe zum Detail lehnt sie konsequent Interpretationen der Werke ihrerseits ab. Sie sprechen für sich. Mit ihrem Gesicht. Als einzigem Medium. Kaum eine Künstlerin hat so viele Selfies in Galerien hängen. Die Museen sind ihr Instagram. Und doch ist sie selbst auf keinem einzigen zu erkennen.

Vollends verwandelt spielt sie mit Stereotypen, Gender, Alter und Identitäten. Ihr Fokus: Porträts eines überspitzten Frauenbildes durch Gesellschaftsschichten und die Kunsthistorie hindurch. Dabei wird sie regelmäßig gebeten, abseits der Galerien Fashion-Editorials für Magazine zu produzieren. Mit tiefen Falten und übertriebenem Make-up lächelt sie dann, in Balenciaga oder Comme des Garçons gekleidet, dem Jugendwahn der Branche entgegen. Anti-Fashion! Denn schön sein ist für sie vor allem eins: uninteressant! „Mir erscheint es langweilig, die typische Vorstellung von Schönheit zu verfolgen, weil es der einfachste und offensichtlichste Weg ist, die Welt zu betrachten. Die wahre Herausforderung ist es, einen Blick auf die andere Seite zu werfen.“

Mit viel Humor werden ihre Aufnahmen zu Parodien der Modefotografie und zeigen Charaktere, die sich dem widersetzen, was gesellschaftlich als begehrenswert erachtet wird. Diesem ambivalenten Blick auf die Mode widmet Kuratorin Alessandra Nappo die Ausstellung „Cindy Sherman – Anti-Fashion“. Die 70 Werke, darunter auch noch nie gezeigte Archivalien, werden ergänzt durch Filmmaterial der Künstlerin. Die Ausstellung wurde von der Staatsgalerie Stuttgart übernommen und wird vom 7. Oktober 2023 bis 28. Januar 2024 eintrittsfrei in der Sammlung Falckenberg der Deichtorhallen Hamburg zu sehen sein.

CINDY SHERMAN Untitled #462 2007/2008, Privatsammlung, Europa © Cindy Sherman , Courtesy the artist and Hauser & Wirth
CINDY SHERMAN Untitled #602 2019, Sammlung Gilles Renaud © Cindy Sherman, Courtesy the artist and Hauser & Wirth
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