Authentizität und Wertschätzung

Zur Fashion Week Berlin sprechen die Gründer des Labels SF1OG mit Dr. Martens über versteckte Geschichten und Ehrfurcht vor Materialien

Weiches Abendlicht fällt durch die gebogen hohen Fenster des architektonisch eindrucksvollen Ludwig-Erhard-Hauses in Berlin, Charlottenburg. Als die deutsch-armenische Komponistin Meredi mit leicht melancholischen Tönen die erwartungsschwere Stille durchbricht, schreitet das erste Model entlang des vollbesetzten Atriums und eröffnet die SS24 Show des Labels SF1OG. Unterstützt von Dr. Martens enthüllt Designerin Rosa Marga Dahl ein Reich von robuster Sanftheit und transzendierender Stärke – ein Testament an artistischem Ausdruck und innovativem Handwerk.

Vor der Show von SF1OG

„Ich mag, dass der ganze Prozess von Anfang bis zur wirklichen Show so intensiv ist. Manchmal bekommt man innerhalb eines Tages drei positive Nachrichten und fünf negative; jeder Tag ist anders.“ Es ist erst das vierte Mal, dass Gründerin und Designerin Rosa Marga Dahl zusammen mit ihrem Geschäftspartner und Brand Manager Jacob Langmeyer eine Kollektion im Rahmen der Berliner Fashion Week zeigt. Doch bereits jetzt ist das Duo um die visionäre Brand zur Messlatte für authentische Kreativität und avantgardistische Ausrichtung geworden.

Behind the scenes bei SF1OG

Individuelle Geschichten sind der Grundbaustein des Designprozesses, erzählt die Designerin. Dabei sucht sie besonders in ihrer eigenen Vergangenheit und nahem Umfeld. Einerseits vereinfacht es einen emotionalen Bezug zum eigenen Schaffen zu finden, anderseits motiviert der Ansatz nicht müde von der eigenen Idee zu werden. Auch mit Blick auf die Konsument:innen kreiert Rosa dadurch eine besondere Beziehung zu den Kleidungsstücken: „Alles hat einen Raum, was überhaupt da ist, und je mehr es eine Story erzählt, desto mehr kann es vielleicht Leute berühren. Und das ist natürlich, was man irgendwo hofft, schaffen zu können.“

Rosas Credo zieht sich wie ein roter Faden durch ihren Stil als Kreative. So hält sie an ihrer Gewohnheit aus jungen Jahren fest, sich bestehende Stoffe zum Nähen zusammenzusuchen. „Als ich mit 10 Jahren anfing, habe ich einfach das genommen, was an Materialien im Haus herumlag und daraus Etwas gemacht, was für mich besonders war.“ Diese Eigenart führte die Jungdesigner bis in ihre Unizeiten weiter, in welcher sie fast ausschließlich mit Deadstock arbeitete. Dank dieser Gewohnheit sind Nachhaltigkeit und Innovation heute die Grundpfeiler der Marke SF1OG. „Wir haben uns am Anfang nie vorgenommen, ein Sustainable Label zu sein. Diese Wertschätzung, das zu nutzen was bereits existiert, war einfach etwas ganz Natürliches für mich.“

Um Existierendes nutzen zu können, muss es bestehen bleiben. Deshalb bietet SF1OG ihre Wertarbeit an, um Kleidungsstücke nach Maß zu ändern, und auch Einzelstücken aus der Show die Möglichkeit zu geben, tatsächlich getragen zu werden. Denn oft werden gerade diese nur für den Laufsteg angefertigt und selten weiterverwendet. Gleichzeitig öffnet dieses simple und doch geniale Angebot der Marke noch eine weitere Tür: unabhängig von Kleidergröße, Geschlecht oder Alter, kann jede:r SF1OG tragen. „Wieder haben wir uns gar nicht zuerst darauf fokussiert, dass jedes Kollektionsteil genderless sein soll“, erklärt Rosa. „Wir sehen die Person in den Looks, wie sie durch das Tragen ihre eigene Geschichte erzählen und diese Wirkung kann vorher gar nicht definiert werden. Es ist die Ausstrahlung der Person, die einen Look zu etwas Besonderem macht.“

Backstage mit Dr. Martens

Es ist ein erfrischend humanistischer Ansatz, den das Berliner Label in die Modewelt einführt – und sich bereits bezahlt macht. Denn gerade für aufstrebende Designer ist der Rückhalt, den Markenfans geben, essenziell fürs Überleben. „Zur ersten Show vor drei Seasons haben wir Leute eingeladen, von denen wir hofften, dass sie unsere Community werden – und die es dann auch geworden sind. Sie haben uns geholfen zu wachsen, weil sie irgendwie das Gleiche gefühlt haben.“ Und während Berlin oft die Eigenschaft der Modestadt abgesagt wird, ist es doch dieses Phänomenen des uneingeschränkten Rückhalts, den die Menschen der Metropole jungen Künstler:innen bieten. „In Berlin supporten sich Leute gegenseitig und haben schon so viele individuelle Versionen und genau das zieht man irgendwo an und wächst mit ihnen zusammen.“

Auch für die Präsentation der SS24 Kollektion »21: 16-3-1« war der Zusammenhalt der SF1OG Community sichtbar. Immerhin genossen auf der Aftershow Party, die der Berliner Multibrand Fashion Store Gate194 und Dr. Martens zusammen für das Label organisierten, über 800 Gäste in einer Charlottenburger Bar die vibrierende Sommernacht. Ein Verschmelzen von Markenidentitäten, deren Wertschätzung für ihre Anhängerschaft nicht die einzige Gemeinsamkeit ist.

Gerade für die britische Kultmarke Dr. Martens sind Langlebigkeit, Handwerkskunst und die Bedeutung von Gemeinschaft die Pfeiler für das Fortbestehen seit über 60 Jahren. Immerhin waren es die kulturellen Untergrundbewegungen, die die Marke zu dem machten, wofür sie heute steht. Deshalb ist das Unterstützen aufstrebender Talente historisch in den Werten verankert, gerade in einer Branche, in der finanzielle Unterstützung überlebensentscheidend für junge Marken sein kann.

SF1OG Designerin Rosa Marga Dahl

Denn: Fashion Shows sind zwar nicht profitabel, bieten aber überlebenswichtige Sichtbarkeit. SF1OG setzen in ihrer Ausrichtung die richtigen Akzente, um auch in zehn Jahren noch die Berliner Modewelt umzukrempeln. „Mode muss irgendwo authentisch sein und Authentizität zeigen. Nur dadurch kann sie sich abheben“, erklärt Rosa Marga Dahl und reflektiert den Weg bis zu diesen wenigen Minuten nach der Show. „Am Ende ist es dann doch das alles wert. Aber dass das ganze Team dabei ist, ist das, was mir am meisten bedeutet.“

 

 

Brand: SF1OG @SF1OG
Production: OK Lah Productions 
@oklah.productions

Director: Nikko Hunt @nikkohunt
DOP: Moritz Matthias 
@moritz.tth
Post-Production: Dave Nivison 
@davidleonivison
Photography: Julius Pfeiffer 
@juliuspfeiffer
In cooperation with Dr. Martens 
@drmartensofficial

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