BEAUTY BAND

Valentina Li
Cécile Paravina
Ammy Drammeh

KARL, COCO ODER CHOUPETTE?

Sie wirken wie die coolste Version einer angesagten Band: Die Chinesin Valentina Li, die Französin Cécile Paravina und die Spanierin mit gambischen Wurzeln Ammy Drammeh bilden zusammen das „Comètes Collective“. Ende 2022 von Chanel dazu ernannt, spielen die drei Künstlerinnen nach Cocos Fasson mit Tönen wie Stilen, zeigen ihren Chanel-Look individuell in Editorials, in eigenen Kampagnen und kreieren Kollektionen in Kooperation. Für Beauty-Fans sind Valentina, Cécile und Ammy Idole, ihre Arbeiten prägen Kunststrecken und internationale Independent-Magazine.

Durch ihre Arbeit und auch ihr Auftreten entfachen sie unbändige Lust aufs Experimentieren, sie gestalten auch künstlerische Looks zugänglich und kreieren so die Klassiker von morgen. Das Trio sitzt bereit für unser Interview – die blauhaarige Valentina wirkt, als wäre sie einem Manga entsprungen, Cécile, als wäre sie aus einem Art-Déco-Gemälde gestiegen und Ammy könnte sogleich zum Dreh eines 90s-Hip-Hop-Videos aufbrechen. Auch wenn ihre Stile und Persönlichkeiten so unterschiedlich sind, ihre Verbindung ist deutlich spürbar. Am liebsten möchte ich mit allen auf (Beauty-)Tour gehen.

Eure Stile sind sehr unterschiedlich. Wie hat euch die Kultur und Umgebung geprägt, in der ihr aufgewachsen seid?

CÉCILE Ich bin auf dem Land in Frankreich aufgewachsen in der Nähe der Luxemburger Grenze. Der Ort hatte vielleicht 1000 Einwohner, es gab nicht viel Kultur um mich herum und meine Eltern waren nicht besonders an Kunst interessiert. Als Teenager war es eine Herausforderung, überhaupt Zugang zu Kreativem und Kulturellem zu bekommen. Das Internet und Tumblr haben mir geholfen, damit konnte ich erst mal mein Wissen aufbauen. Da habe ich die Archive von Vogue Italia aufgesogen und wurde zum Fashion-Nerd. Erst rückblickend merke ich, dass mich die Umgebung doch beeinflusst hat: Art Nouveau war sehr präsent, es war ja in Frankreich total populär. Besonders die Arbeiten von René Lalique haben einen Platz in meinem Herzen. Er hat Glas designt und Flakons kreiert. Art Nouveau interpretiert die Schönheit der Natur, der Pflanzen und Farben – und dann das Glas, in dem sich das Licht bricht… Es ist keine offensichtliche Inspiration gewesen, aber wenn ich mir meinen Geschmack anschaue und welche Farben ich mag, sehe ich die Verbindung.

Valentina, du arbeitest viel mit dem Effekt von Wasser und hast erzählt, dass der Ozean deine Inspiration ist.

VALENTINA Manchmal merkt man ja nicht direkt, welchen Einfluss die Kindheitserinnerungen, deine Kultur auf dich haben. Ich habe eigentlich nie meine Arbeit damit in Verbindung gebracht. Aber heute denke ich viel daran, wie ich groß geworden bin und welche Farben mich umgeben haben. In der Schule haben wir alle die gleiche Uniform getragen, alles war sehr ähnlich. Aber es gab spezielle, traditionelle Kostüme mit verschiedenen Farben. Alle hatten als Grundfarbe Schwarz, aber wir konnten einen beliebigen Ton dazu kombinieren. Das hat sich nach Freiheit angefühlt. Dieses Gefühl und auch das Glücklichsein, das damit einhergeht, hatte einen großen Einfluss auf mich. Ich bin sehr offen und eine fröhliche Person. Ich singe auch gern.

Dein Lieblingssong?

VALENTINA Mein Lieblingslied ist französisch. Total das Klischee – „La Vie En Rose“! Ich habe das die ganze Zeit in meinem Kopf.

AMMY Das stimmt, sie singt das echt oft!

VALENTINA Ich kann auch gut tanzen. Ich bin sozusagen ein Multi-Use-Produkt!

Ammy, wie sieht es bei dir aus?

AMMY Meine Eltern haben mir gar nichts vorgeschrieben und ich war echt rebellisch. Wenn sie mal „Nein“ gesagt haben, habe ich geantwortet: „Warum denn nicht?“ und habe viele Fragen gestellt, das hat sie genervt, so sehr, dass sie mich haben machen lassen. Make-up-Artist zu werden, war kein Problem, aber ein unüblicher Weg in meiner Familie. Meine Mutter sagte: „Ich gebe dir fünf Jahre, mach, was du möchtest, folge deiner Leidenschaft.“ Sie selbst wollte immer Designerin werden, hatte aber nicht die Möglichkeiten.

War Make-up für euch eine Form von Rebellion?

CÉCILE Das war es – und generell mit dem Äußerlichen zu spielen, kann ein rebellischer Akt sein. Es gibt auch Kraft. Ich war immer von Leuten umgeben, die ganz andere Interessen hatten als ich, und ich habe mich selten zugehörig gefühlt. Ich konnte mich dann mit dem, wie ich mich zeigte oder kleidete, bewusst abgrenzen und wählen, wie ich sein wollte.

AMMY Für mich war Make-up selbst keine Rebellion. Meine Existenz allein war schon genug, es gab keine besonders große Vielfalt in der Gegend in Spanien, in der ich aufgewachsen bin. Optisch gehörte ich schon nicht dazu. Das habe ich aber nicht bewusst gewählt. Make-up war dann mein Weg, mich zu erden. Es war etwas, womit ich mich gut gefühlt habe und wodurch ich auch anderen dieses Gefühl geben konnte. Also war es eher eine Therapie.

Fühlt ihr euch heute frei in eurer Kreativität?

CÉCILE Ganz und gar frei zu sein ist schwer. Ich habe Mode an der Royal Academy of Arts in Antwerpen studiert – mit so vielen Einschränkungen. Erst nach dem Studium habe ich festgestellt, dass Freiheit eine geistige Einstellung ist: Wie viel erlaubst du dir zu experimentieren? Einschränkungen können allerdings auch interessant sein. Mit verschiedenen Kunden und Teams zu arbeiten bedeutet, Respekt aufzubringen, zu reinterpretieren. Man muss verstehen, was um einen herum passiert und darauf eine kreative Antwort finden. Jetzt bei Chanel geht es auch darum, die Historie zu respektieren. Ich habe ehrlich gesagt wegen Karl Lagerfeld angefangen, Mode zu studieren.

Braucht es manchmal auch so etwas wie einen Konflikt, um etwas wirklich Neues zu schaffen?

VALENTINA Kreativität ist wie Wellen im Meer, nie gleichförmig. Es ist normal, dass nicht immer alles glattläuft. Dieser Struggle ist aber auch nötig, um neue Ideen zu finden. Wenn ich irgendwie feststecke, spreche ich mit Ammy und Cécile, sie sehen die Situation ja aus einer ganz anderen Perspektive und vielleicht auch noch besser als ich selbst. Das ist auch das Schöne an diesem Kollektiv. Der Perspektivwechsel bringt uns zu neuen Ideen.

CÉCILE Man stößt kreativ eben manchmal an seine Grenzen. Dann muss man sie überschreiten.

Was war euer bisheriges Karriere-Highlight?

VALENTINA Das hier jetzt gerade…

Unser Interview? Oh, vielen Dank! (alle lachen)

CÉCILE Von Chanel gesehen und wertgeschätzt zu werden, zu merken, es gibt einen Hunger nach Kreativität und unseren Ideen. Als wir uns das erste Mal trafen, haben wir darüber gesprochen, wie cool es ist, dass Chanel sich für Künstler interessiert, die so experimentell sind.

VALENTINA Es ist so ein zeitloses Haus – und jetzt legen wir noch ein paar neue Steine drauf.

AMMY Es ist eine großartige Anerkennung. Ich habe mich schon gefragt: Bin ich denn bereit dafür? Ich habe mich dann entschieden, einfach mein Bestes zu geben.

Und Chanel ist bereit?

VALENTINA Und ob!

CÉCILE Jemand hat uns gesagt: „It’s luck when preparation meets opportunity“. Ich glaube, wir haben uns alle seit Jahren darauf vorbereitet.

Normalerweise arbeitet man als Make-Up Artist solo. Wie gehts euch jetzt im Kollektiv?

AMMY Es ist ein Safe Space und ein schönes neues Gefühl, mit Valentina und Cécile über alles sprechen zu können.

VALENTINA Ich stehe hinter euch – und ihr hinter mir!

CÉCILE Wir haben unsere individuellen Projekte und Kollektionen, arbeiten aber auch zusammen an Kollektions Launches. Wir sind da auch pragmatisch, vergleichen beispielsweise Farben auf unseren unterschiedlichen Hauttönen. Was uns vereint, ist die Vision: Wir wollen Inklusivität. Die Produkte, die wir entwickeln, sollen zeitlos, praktisch und multifunktional sein. Wir wollen keine schnellen Trends bedienen, sondern den Spirit und die Zeit von Gabrielle Chanel reflektieren.

VALENTINA Wir wollen dazu motivieren, auch Neues zu probieren und sich ohne Angst mit Farben auszutoben und Spaß zu haben.

Eine wichtige Frage zum Schluss: Wer ist euer Spirit Animal – Karl, Coco oder Choupette?

CÉCILE Da sind wir uns einig, können wir zusammen antworten?

GEMEINSAM Choupette!

Interview Laura Dunkelmann

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