Fame, Fantasy & Fanfare

 

Dorian Electra machte sich unter anderem durch gemeinsame Projekte mit Künstler*innen wie Lady Gaga und Charli XCX einen internationalen Namen. Heute erscheint their neues Album „Fanfare“. Wir sprechen mit Dorian über Fame, Fantasy und die eigene Fangemeinde.

Glückwunsch zu deinem neuen Album „Fanfare“! Welche Botschaft sollen die Zuhörer*innen daraus mitnehmen?
Sie sollen vor allem Spaß haben! Ich will die Leute auf eine epische Reise mitnehmen und sie in etwas hineinversetzen, das sich größer als das Leben anfühlt. Ich denke, das ist das Spannendste, was Musik tun kann. Jeder Song auf dem Album soll auf seine eigene Weise wirken. Ich stehe nicht so darauf ruhige Musik zu machen, bei mir darf’s gerne „in your face“ sein.

Du befasst dich darin viel mit dem Thema Celebrity-Cult, Fame und – wie der Name des Albums auch sagt – Fankultur.
Ja, die Themen des Albums haben viel mit Fandom und dem Wortspiel damit zu tun. Ich spiele im Album auch mit der Idee der Fangemeinschaft und der Love-Hate-Relationship, die viele Prominente und Künstler*innen mit ihr haben – und umgekehrt. Die Höhen und Tiefen jeder Beziehung.

Ich musste gerade an Doja Cat und ihre Beziehung zu ihren Fans denken. Was sind deine Gedanken dazu?
Ich bin ehrlich gesagt nicht über die Einzelheiten informiert, aber ich würde sagen, dass ein*e Künstler*in die Freiheit haben sollte, die eigene Meinung zu ändern. Andererseits: Viele Fans fühlen sich jetzt vermutlich zurückgewiesen und denken „Du verdankst deinen Erfolg uns und unserer Unterstützung“. Wenn du als Künstler*in etwas Negatives über deine frühere Arbeit sagst, kann es sehr verletzend für diejenigen sein, die etwas damit verbinden. Als Künstler*in sollte man erkennen, dass, das, was in die Welt gebracht wird, dann nicht mehr nur einem selbst gehört. Ein Teil der Bedeutung, die entsteht, kommt von anderen Menschen – den Fans. Es ist eine Beziehung, die auf beiden Seiten toxisch werden kann.

(via Instagram @dorianelectra)

Du hast eine treue Fangemeinde. Fällt es dir schwer, ihr gegenüber deine tiefsten Gedanken zu offenbaren?
Ich habe wirklich Glück, dass ich eine Fangemeinde habe, die mich sehr unterstützt. Sie ist daran interessiert, was ich in meinen Interviews sage und was meine Gedanken zu verschiedenen Themen sind. Diese Menschen wirken auf mich sehr aufgeschlossen und wissbegierig – wie ich. Ich bin ein totaler Nerd und stehe beispielsweise auf Geschichte und Philosophie. Ich liebe es, wenn ich mich mit meinen Fans über gemeinsame Interessen austauschen kann.

Wie schaffst du es sonst noch ein Gefühl der Gemeinschaft rund um deine Kunst zu schaffen?
Am liebsten mag ich Afterpartys und DJ-Sets. Ich kann mit den Leuten Spaß haben, aber es ist eine intimere Umgebung, weil ich nicht mit aufwendiger Choreografie auf der Bühne stehe. Es ist wie ein Meet and Greet, aber entspannter, unaufgeregter und informeller – Das ist immer schön. Ich liebe es auch, ihre kreativen Looks, Cosplays und Kunstwerke zu sehen und zu teilen. Ich gehe manchmal außerdem auf Instagram live. Wenn ich ein Q&A mache, stellen meine Follower*innen immer wirklich tiefgründige und interessante Fragen.

Du thematisierst in „Fanfare“ auch kulturelle Phänomene. Was ist deine Guilty Pleasure in dieser Hinsicht. Können wir uns dich beim Trash-TV Schauen oder zum 50. Mal „Twilight“ Suchten vorstellen?
Das wäre für mich wohl der Film „Red, White & Royal Blue“. Er basiert auf dem gleichnamigen Buch über den Sohn des US-Präsidenten, der sich in den Prinzen von England verliebt. Die meisten Leute finden das total kitischig, aber genau deswegen liebe ich es ja so sehr.

Dorian Electras Albumcover "Fanfare" wurde von Charlotte Rutherford fotografiert

Welchen Stellenwert hat das Visuelle bei deiner Musik? Bist du z.B. jemand, der Musik hört und dann bestimmte Farben oder Visionen vor Augen hat?
Ich habe keine Synästhesie, aber ich denke Musik definitiv manchmal in Form oder Farben oder habe direkt ein Musikvideo dazu im Kopf. Ich bin sehr an allen visuellen Aspekten beteiligt. Wenn ich an Musik arbeite, habe ich vorher oft erst eine visuelle Version. Ich denke über die Ästhetik oder die Mode nach. Ins Styling bin ich auch sehr involviert und helfe dabei, die Outfits zu entwerfen. Meine Geschichten werden durch Mode, Make-up, Haar und Bild genauso erzählt wie durch die Musik.

Für dein neues Album hast du mit Charlotte Rutherford zusammengearbeitet. Kannst du uns in euren kreativen Prozess einweihen?
Charlotte ist so talentiert und eine meiner absoluten Lieblingsfotograf*innen. Ich war schon ein Fan von ihr, bevor ich sie kennenlernte. Wir haben ein riesiges Lagerhaus gemietet. Das Konzept war ein Mix aus einer alten Fabrik und einem abgebrannten Theater. Die Location ist auf dem finalen Motiv nicht zu sehen, weil ich es auf dem Cover dann doch ikonischer fand, wenn nur eine einfarbige Hintergrundfarbe zu sehen ist. Auf der Rückseite des Albums und auf einigen Innnenfotos und so weiter sieht man das Lagerhaus aber. Generell: Mein Regisseur Weston Allen, Charlotte und ich sind das perfekte Trio, weil wir alle einen ähnlichen Geschmack haben und gleich schräg sind.

Die Musik- und Unterhaltungswelt entwickelt sich ästhetisch ständig weiter. In letzter Zeit ist beispielsweise Y2k ein riesiger Trend. Wie reagierst du auf solche Strömungen? Nimmst du sie an oder hast du eine ganz bestimmte Ästhetik, die du beibehalten willst?
Ich liebe es mit Mode aus allen möglichen Epochen zu spielen – von Y2K bis 1600. Von Trends versuche ich mich eher fernzuhalten, weil ich denke, dass diese in ein oder zwei Jahren veraltet aussehen werden. Manche Trends deuten aber auch auf größere Strömungen hin, die gut bei den Leuten ankommen und deshalb am Ende doch sehr relevant sind.

Gibt es etwas, das du in Zukunft visuell unbedingt nochmal ausprobieren möchtest?
Etwas wirklich „Realistisches“ vielleicht, das habe ich noch nie gemacht. Aber andererseits sehen wir uns schon den ganzen Tag die reale Welt an, da würde ich lieber weiterhin etwas Fantasievolles erschaffen.

In einem Interview hast du darüber gesprochen, dass du immer einen aufgemalten Schnurrbart getragen hast, um deine non-binäre Geschlechtsidentifikation auszudrücken. Es habe sich aber irgendwann gezwungen angefühlt und du hast dich davon frei gemacht. Gibt es noch etwas Bestimmtes, wobei du gerne offener mit dir selbst sein würdest?
Im Bezug auf meine Stimme. Besonders als Sänger*in ist das der Kern meiner Identität. Ich versuche immer, mit neuen Stimmen und neuen Charakteren zu experimentieren. Manchmal denke ich, das bin nicht wirklich ich, sondern es ist nur eine Maske. Aber dann erkenne ich, dass alles irgendwie eine Maske ist. Man kann sich an Neues gewöhnen und muss sich nicht so fühlen, als müsste man die Dinge so machen wie immer.

Dorians Look für Interviewtermine in Berlin (via Instagram @dorianelectra)

Dorian Electra trägt während unseres Videocalls ein Mono-Outfit in pink mit Krawatte und Cap. Normalerweise meidet they die Farbe. „Aber wenn, dann richtig“ – they hält eine pinke Tasche mit rosafarbener Schleife hoch.

[Fotos]
PR & Instagram @dorianelectra @charlie__chops
[Text & Interview]
Kristin Roloff
Oktober 6, 2023
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