HELLSICHTIG

Kurzsichtig? Weitsichtig? Nein, Mona Stein ist HELLSICHTIG!

Während die Kirche und der christliche Glaube ihren einst zentralen Status zunehmend verlieren,  nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen in Zeiten von Klimawandel, Kriegen und einer steigenden Inflation nicht ab. Es bedarf alternativen Institutionen abseits der Gotteshäuser, um Halt, Hoffnung und Heiterkeit zu finden. Mancher mag dies in Yoga, Meditation oder Astrologie finden. Immer mehr Menschen verschreiben sich aber auch gleich ihrem/ihrer ganz persönlichen Hellseher*in. Die ersten Praktiken um das Hellsehen lassen sich dabei bereits auf das 3. vorchristliche Jahrtausend datieren. Viel hat sich in der Methodik des Hellsehens trotz zwischenzeitlich entscheidender Innovationen nicht verändert. Knochen und Tierkadaver wichen bei manch einem und wurden durch weniger olfaktorisch-auffällige Medien wie  Kartensets, Pendel oder Kugeln ersetzt. Manchmal reicht der hellsehenden Person auch die reine Anwesenheit einer ihr gegenübersitzenden Person, um in die Zukunft zu schauen. Letztlich scheint es für die Bestimmung der Zukunft viel eher um die hellsichtige Veranlagung zu gehen, als jede Art von verwendetem Hilfsmedium. Beschenkt mit dieser Veranlagung – ja man mag es sogar Gabe nennen – ist auch Mona Stein. Auf ihrer Website bezeichnet sich die Ur-Berlinerin als “eine der bekanntesten Hellseher der Jetztzeit” und garantiert eine 98% Eintreten ihrer Sagungen. Nach einer Ausbildung zur Friseurin und dem Besuch einer Schauspielschule in der ehemaligen DDR widmete sich Mona Stein letztlich ihrer seltenen Gabe. Sie liest, berät und heilt ihre Kundschaft seit nunmehr dreißig Jahren. Wir treffen die “Hexe vom Prenzlauer Berg“ und sprechen mit ihr über das Geschäft mit der Zukunft und ihre Gabe, welche Verantwortung und Bürde zugleich sein kann. Schließlich ließen wir uns auch nicht nehmen, Mona Stein zu fragen, wie es um die Zukunft von Beautytrends und der Zukunft der TUSH steht.

T: Wann im Leben haben Sie bemerkt, dass sie hellsichtig sind?

M: In welchem Leben genau? Sie müssen wissen, dass ich schon zweimal gelebt habe. Im ersten Leben war ich auch Seherin, wurde aber gejagt, verbrannt und meine Asche im Meer verstreut. Seitdem fürchte ich das Wasser und das Feuer. Das zweite Leben lebte ich als Miezekatze. Seitdem kann ich den Schmerz der Katzen lesen – ich verstehe sie. Ich sehe, dass sie auch grüne Augen haben wie ich. Sie müssen wohl auch mal ein Kater gewesen sein!

Wie würde ich das herausfinden?

Regressionshypnose heißt das Zauberwort!

Oh spannend, vielleicht muss ich mich im Anschluss an unser Gespräch dahingehend noch ausführlicher beraten lassen. Zurück zu Ihnen: Dann nehme ich an, dass es in Ihrem dritten Leben einen Zeitpunkt gab, an dem Sie von Ihrer Gabe erfuhren?

Ja, genau richtig! In meinem dritten Leben konnte ich meine Gabe schon im Alter von vier Jahren erahnen, mit fünf war es dann klar. Ich konnte den Tod und die Krankheiten von Menschen in meinem Umfeld vorhersehen. 

Das klingt beängstigend! 

Ja, es hat mich sehr belastet. Ein Schlüsselmoment muss gewesen sein, als ich mit fünf Jahren vom Balkon meiner Eltern unsere Nachbarin mit ihren Einkaufstüten fallen sah, sie stand allerdings wieder unverletzt auf. In dem Moment sah ich, dass die Frau sterben würde. Gut vierzehn Tage später hatte die Nachbarin einen Darmdurchbruch und war tot. Die Geschichte hat mich wirklich erschüttert in meinem jungen Alter und ich werde sie nie vergessen.

Ich kann mir vorstellen, dass es schwer war, sich Ihren Eltern zu öffnen und ihnen von Ihren Visionen zu erzählen. Wie sind sie damit umgegangen?

Meine Eltern haben erst im späteren Kindesalter von meiner Gabe erfahren und waren zunächst erschrocken. Dadurch, dass  mir  bereits in der Schule immer wieder Prognosen rausrutschten, die dann eintrafen, ließ sich der Zauber irgendwann nicht mehr verbergen. Ich konnte den Vertretungsunterricht exakt vorhersagen und wann sich meine Mitschüler ein Bein brechen würden. Als noch naives Kind erzählt man seinen Eltern von eben diesen Vorstellungen beim Abendbrot, wie jedes andere vom Tag erzählen würde, nicht? Meine Eltern ahnten, dass ich die Gabe meines Großvaters vererbt bekommen haben muss, einem Sinti aus Italien, der nach Deutschland kam und mir als junges Mädchen das Kartenlegen beibrachte. Der praktizierte nämlich auch das Hellsehen und war als Schauspieler tätig.

Ihre Eltern konnten ihr Anderssein also verkraften. Nun sehen sie sich aber bestimmt auch immer wieder damit konfrontiert, dass Menschen ihre Fähigkeiten für faulen Zauber, gar Hexerei halten. Inwieweit können sie sich mit dem Begriff Hexe anfreunden?

Hexe hat gleich immer einen negativen Beigeschmack. Hexen stehen für das Böse und Hexen kommen immer mit schlechten Intentionen daher. Ich tue allerdings keiner Fliege was zu Leide. Ich bin eher ein Helfertyp und mag es, gute Taten zu vollbringen. Wenden sich Leute an mich, die ihren Partner zurück wollen, dann führe ich meine Praktiken auch nur aus, wenn ich weiß, dass es am Ende für beide gut ausgeht. Ich lehne alles Negative ab und versuche Negativität zu unterbinden, so kann ich mithilfe meiner weißen Magie Menschen auch von schwarzer Magie befreien.

Wie muss man sich das vorstellen, wenn Sie hellsehen?

Ich habe eine deutliche innere Stimme in mir. Meine innere Stimme sagt mir dann immer, wie die Menschen es zu machen haben. Ich nenne das meinen inneren Berater”. Mit diesem gehe ich die Optionen durch und dieser sagt mir klar, welche die richtige ist. Das ist ein Wahnsinn, ein Wahnsinn sage ich Ihnen!

Wie klingt denn die Stimme ihres inneren Beraters? Und inwieweit sieht man Bilder?

Das kommt ganz drauf an. Ich kann da nichts erzwingen. Es kommt einfach über mich. Wenn ich mit meinen Klienten eine Sitzung führe und wir an akuter Problemlösung arbeiten wie Partnerrückführungen oder Geschäftsberatungen, muss ich auf meinen inneren Berater vertrauen, den sie sich als sehr bestimmte, durchdringende und eher männlich klingende Stimme vorstellen müssen. Die sagt dann “nein, das ist es nicht” oder gibt mir rein, wenn wir auf der richtigen Fährte sind. Die führt mich also zu den Lösungen – man muss nur gut lauschen. Geht es ums in die Zukunft blicken, versetze ich mich in einen Zustand der Trance, das kann man sich wie Träumen vorstellen – da habe ich dann die visuellen Eindrücke. Manchmal habe ich die Visionen auch im eigentlichen Schlaf, dann rufe ich die Klienten am nächsten Tag an und erzähle ihnen davon. Das Kartenlegen ist eher unterstützend und hilft, in den Zustand zu gelangen.

Das ist ja wirklich der Wahnsinn! Danke, dass Sie uns einen besseren Einblick in den Prozess gegeben haben. Können Sie uns sagen, welche Menschen sie aufsuchen – ganz diskret versteht sich?

Das kann ich gar nicht so pauschal sagen. Was sie vereint, ist Kummer, meist wahnsinniger Liebeskummer, Kummer mit der Arbeit oder sie fühlen sich kränklich, nicht wie sie selbst. Es kommen viele Leute zu mir, es kommen 18 jährige, 25 jährige, 40 jährige. Ja, die älteste war sogar 86. Ob es eine Ärztin ist, eine Krankenschwester oder ein Handwerker, alle finden sie Rat bei mir und ich genieße es , nein ich brauche das sogar, damit mein Kopf in Schwung bleibt. Sogar dem Gregor Gysi und dem Kohl habe ich schon die Zukunft vorhergesagt…aber wir wollten ja diskret bleiben…

Kommt es dabei auch mal vor, dass Sie Kund*innen ablehnen?

Zunächst einmal sind das keine Kunden; Kunden sind beim Bäcker. Das sind meine Klienten und na sicher, ich muss mich dabei wohl fühlen und es geht mir darum, Leuten mit ihren wahren Sorgen und Nöten zu helfen. Die Stasi war mir ja lange auf den Fersen, hat mich mehrfach auf meine Fähigkeiten getestet, bis sie mich – 1987 muss es gewesen sein – tatsächlich fragte, ob ich mit meinen Fähigkeiten und dem Kartenlegen nicht für sie arbeiten wolle. Nein, das konnte ich nicht! Ich verrate keine Menschen! Mir vertrauen meine Klienten ihre größten Sorgen und Geheimnisse an. Ich hätte sie niemals der Staatsmacht ausliefern können. Das akzeptierte die Stasi schließlich auch, hatte mich aber bis zum Mauerfall noch im Blick.

In die Zukunft zu blicken, scheint also nicht nur Privatpersonen zu reizen. Was denken Sie, worin liegt für Menschen der Reiz, wissen zu wollen, was in der Zukunft passiert?

Na ja, wissen Sie, es gibt Menschen, die wissen manchmal nicht mehr ein und aus, dann kommen sie natürlich zu mir, weil sie im Weltlichen keine Antworten mehr bekommen. Die Menschen versuchen Antworten im Transzendentalen zu finden. Verstehen Sie, das Leben ist so ungewiss für die meisten von uns. Alles, wonach sich die Menschen sehnen, sind Anhaltspunkte, Punkte, auf die sie hinarbeiten können, eine Aussicht oder nennen wir es eben Perspektive. Ich denke, dass es vielen meiner Klienten Kraft und Zuversicht gibt, weiterzumachen auf ihrem Lebensweg, ganz gleich, was in der Zukunft genau passiert. Manchmal reicht es eben die kleinen Anhaltspunkte zu haben, um es morgens wieder aus dem Bett zu schaffen.

Nun haben sie bereits Schreckliches vor ihrem inneren Auge im Leben anderer vorhergesehen. Sagen Sie trotzdem immer die Wahrheit?

Das Schlimmste für mich ist es, zu lügen, das widerstrebt mir absolut. Ich bin eine ehrliche Haut und mache niemandem etwas vor. Ich sage den Leuten auch ganz klar vor den Kopf, wenn sie beispielsweise der falschen Liebe nachjagen. Bei mir hört man nur die Wahrheit und sie schmerzt manchmal! 

Gibt es Leute, denen Sie nicht die Zukunft vorherzusagen können?

Frauen sind in der Tat schwerer zu lesen, unmöglich ist es allerdings definitiv nicht. Es hängt von der Person ab, wie weit ich schauen kann. Mal kann eine Vision mir nur einen kurzen Ausblick geben, es können aber auch Dekaden sein. Männer sind da schon deutlich einfacher zu durchschauen…das macht es auf dem Heiratsmarkt nicht einfacher, wenn man sofort all deren schlechte Intentionen sieht. Ich selbst war bereits sechs mal verlobt und einmal verheiratet.

Nicht uninteressant für das TUSH Magazin ist, dass Sie auch eine abgeschlossene Friseurausbildung haben. Sie haben damit auch Einblick in die Beautywelt gehabt. Inwieweit ist das Frisieren mit dem Hellsehen vergleichbar?

Für mich war es damals wichtig , einen normalen Grundberuf zu haben, etwas, was mir meine Existenz sicherte, wenn ich weder als Schauspielerin noch als Hellseherin gearbeitet habe. Sowohl als Friseurin als auch als Hellseherin braucht man ein offenes, geduldiges Ohr und eine Menge Empathie. Ja, auch als Friseurin bekommt man die Klagen seiner Klienten mit und gibt Lebenstipps, während die Blondierung einwirkt. 

Das Thema Blondieren führt uns gleich zu meinen nächsten Fragen, bei denen es um Trends geht. Die Kosmetik- und Modeindustrie versucht stets zukünftige Trends und Modeerscheinungen vorherzusagen, um den Geschmack potentieller Kund*innen zu treffen. Dabei werden meist große Marktforschungsinstitute oder Trendanalytike*innen zu Rate gezogen. Was können Sie uns zur Zukunft der Mode und Beauty als Hellseherin sagen?

Wenn ich mich nun ganz arg konzentriere, sehe ich für die Garderobe die Farben rot, rosa und gelb in Verbindung mit schwarz. Blumenmuster werden angesagt sein, sowohl für Frauen als auch für Männer. Außerdem ist Kunstleder gut im kommen, insbesondere bei langen Mänteln, dann in den Farben rot und schwarz.

…und wie werden unsere Gesichter aussehen?

Nun ja, was sind die Gesichter schon ohne Schminke, nicht? Leer! Schminke wird uns auf jeden Fall weiterhin erhalten bleiben. Ich sehe grünen Lidschatten gepaart mit einem dunklen Lidstrich über und unter den Augen. Ein Grün, das sich um die Augenpartie legt und diese zum Strahlen bringt… Einen Moment… schaue ich noch genauer hin, dann geht dieses Grün bereits in ein stark pigmentiertes Türkis. Türkis ist die Farbe! 

Unter den Augenbrauen werden wir braun akzentuieren, damit die Augen besser betont werden. Was den Teint angeht, ist das porenverstopfende Puder im Out. Angesagt wird der neue flüssige Teint sein, welcher glänzend und rosig daherkommt. Dieser baut die Haut mit wertvollen Vitaminen auf und verleiht jugendliches Aussehen.

Grün auch als Metapher für hoffnungsvollere Zeiten?

Sicherlich spiegelt das grünstichige Make-up auch positivere Zeiten für die Welt wider, allerdings ist das nun auch zu weit gefragt. Das muss man sich im Einzelnen nochmal ansehen.

…Dann möchte ich mal konkreter fragen – nicht ganz uneigennützig. Was sagt denn das Universum zur Zukunft des TUSH Magazins?

Nun gut, dann lassen sie mich mal die Karten legen und schauen, was in den Sternen steht. *Frau Stein mischt die Skatkarten ihres Großvaters ordentlich durch, räuspert sich und hält kurz inne.*

Ich sehe da eine ganz positive Entwicklung – ich habe hier vor mir drei von vier Assen. Das spricht für ein durchweg positives Jahr 2023. Im zweiten Quartal sehe ich, dass sie mit einer besonders spannenden und international berühmten Person zusammenarbeiten werden, die nochmal viele Leser ansprechen wird. Allerdings sehe ich im letzten Quartal auch, dass sie potenziell auf Reklame angewiesen sein werden, um weiterhin im Gespräch zu bleiben.

 

[Interview]
Benjamin Schiffer
[Hellseherin]
Mona Stein
[Illustration]
Lida Lucia
März 22, 2023
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