Lippenstift kam erst später

Liya's Look für das Le Défilé L'Oréal Paris: Minimal

Als Teenager in Äthiopien entdeckt, wurde Liya Kebede in den frühen 2000er Jahren zum Topmodel. Sie lief und läuft die Shows der größten Designer wie Tom Ford bis Yves Saint Laurent, modelt für große Kampagnen wie Magazin-Cover und L’Oréal Paris. Außerdem ist sie UN-Sonderbotschafterin der Weltgesundheitsorganisation, betreibt ihr in Äthiopien produzierendes Fashionlabel Lemlem.
Absolut entspannt, besonnen und unaufgeregt wirkt das 44-Jährige Model backstage des Le Défilé L’Oréal Paris, wo wir sie zum Interview trafen.

 

 

 

Liya Kebede auf dem Catwalk des Le Défilé L'Oréal Paris

Was hat Make-up dir als Teenager bedeutet?

Ich durfte gar kein Make-up benutzen!

Wolltest du denn experimentieren?

Ja schon, aber zu der Zeit war es nicht wie heute, du hast dich nicht einfach so geschminkt. Es stand gar nicht zur Debatte. Es war eher negativ behaftet – und nicht so wie heute, jetzt ist es eher Spaß und Ausdruck von Individualität, damals war es eher ein Tool, mit dem man sich für andere attraktiv gemacht hat. Heute ist es eher eine Verlängerung des Outfits…

Was hat dich an Make-up besonders interessiert?

Meine Mutter hatte einen Lippenstift, den sie immer benutzt hat. Er war Rot und matt, es war ihr Ritual, ihn aufzutragen und ich habe jeden Morgen dabei zugeschaut. Ich konnte es kaum abwarten, Lippenstift zu benutzen!

Welche Rolle spielt Make-up heute für dich?

Es ist natürlich sehr mit meinem Job verbunden, aber ich mag die Veränderung und brauche sie auch, um einen anderen Charakter zu verkörpern. Es ist ein bisschen wie ein Spiel und das macht Spaß. Ich sehe Leute, die können auch toll mit Make-up umgehen, es ist Teil ihrer Persönlichkeit. An anderen wiederum ist es nur Schminke. Ich liebe es, Leute zu sehen, die es wirklich auch als Teil ihrer Persönlichkeit nutzen. Ich selbst mag es lieber schlicht und bin da eher minimalistisch. Während meines Jobs bin ich allerdings offen für alles!

Also roter Lippenstift jeden Tag. Aber hast du auch ein Ritual, mit dem du dich auf den Tag oder große Events vorbereitest?

Ein weiterer Tipp meiner Mutter was „Less is more“ – dem stimme ich zu. Ein Ritual habe ich aber eigentlich nicht, aber ich habe immer ein Buch dabei und lese backstage viel, aktuell „The Overstory“, das ist sehr „Zen“ – Das Lesen hilft mir, in meiner „Bubble“ zu sein, gibt mir Ruhe in dem Trubel. Es erdet mich auch. (Anmerkung: Unter Liyabrairie zeigt Liya ihre Buchempfehlungen)

Wann fühlst du dich am schönsten?

Wenn ich mit selbst verbunden bin. Dafür muss man aber auch arbeiten, es ist nicht einfach. Es gibt viel Ablenkung und natürlich auch Unsicherheit.

Was bedeutet für dich Empowerment in diesem Kontext?

Im Grunde bedeutet es auch, seine eigene Frequenz zu finden, seinen eigenen Weg zu gehen. Das ist Stärke: Zu verstehen, wer man ist. Wenn man das raus hat, lassen sich auch schwierige Fragen besser beantworten.

Wie können wir uns gegenseitig stärken?

Indem wir zuhören und anderen Menschen den Raum lassen, sie selbst zu sein und ihre Gefühle zu zeigen. Echte Unterhaltungen fördern und nicht nur an der Oberfläche bleiben, vielleicht auch zu motivieren, sich zu öffnen, egal ob als Mutter, Freundin, Partnerin. Jeder fühlt sich gestärkt, wenn er gehört wird, und gerade die, die uns nahe stehen, möchten auch verstanden werden. Jemanden zu haben, der dir wirklich zuhört und bei dem du du selbst sein kannst, ist wertvoll – und am Ende „empowert“ es beide Seiten.

Was kann die Beauty- und Fashion Industry da noch lernen?

Es gibt jetzt mehr Inklusivität, aber sie ist noch nicht so umfassend. Wenn wir darüber reden, müssen wir uns weiter fragen: „Wen inkludiere ich, wen schließe ich noch aus. Manchmal werden nur die Extremen berücksichtigt und es gibt keine Mitte. Dann ist Inclusivity wieder exklusiv…

 

 

 

[Interview]
Laura Dunkelmann
[Foto]
PR
Oktober 4, 2022
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