HAST DU EIN RITUAL, BEVOR DU DICH VERWANDELST?
Das allumfassende Mantra meiner Arbeit, sei es vor der eigentlichen Transformation oder vor dem Erarbeiten eines neuen Charakters, ist bei mir „Ordnung“. Jede meiner Kreationen geschieht als isolierte Arbeit, das heißt, alle vorherigen Projekte sind im Optimalfall abgeschlossen, verstaut und archiviert. Mein Arbeitsplatz und somit auch Kopf sind frei und freudig, sich etwas Neuem zu widmen. Heruntergebrochen gilt das auch für das eigentliche Schminken. Ob mich selbst oder bei Jobs. Zuerst richte ich mir meinen Arbeitsplatz ein und bringe alles in Position, um effizient und fokussiert zu arbeiten. Während der Umsetzung des Make-ups sowie eines Kostümes wird es wilder. Diese „Tradi- tion“ des Aufräumens ist für mich inzwischen schon etwas, auf das ich mich freue und für das ich mir auch gern Zeit lasse.
WIE WURDE MAKE-UP DEIN MEDIUM?
Meinen Zugang zu Make-up fand ich eher unabsichtlich. Ich habe im Rahmen meines Modede- signstudiums angefangen, Projekte auf meine Maße anzufertigen, wollte bei der Dokumentation jedoch nicht an mein immergleiches Aussehen gebunden sein. Daher sah ich in Make-up ein weiteres Acces- soire, um einen Look zu vervollständigen.
Oft sind nun meine Make-up-Designs der visuelle Fokuspunkt, aber es geht mir von jeher um die Balance und Vollständigkeit des kompletten Körpers.
EINE BEAUTYTRADITION, MIT DER DU BRECHEN MÖCHTEST, IST …?
Glattheit. Ich liebe Texturen und Kanten. Beweise, dass verschiedene Kräfte am Werk sind; dass sich unter alldem etwas Menschliches verbirgt.
WIE HAT SICH DEIN STIL ENTWICKELT – UND HAST DU EINE VISION FÜR DIE ZUKUNFT?
Für mich gab es nie ein typisches Hungry-Face, da ich immer versucht habe, so neu und weit wie möglich zu arbeiten. Es gab schon früh sehr spezi- fische Hungry-Elemente, die meinen Stil definierten und auch bekannt machten. Über die Jahre hin habe ich versucht, diese Elemente aufrechtzuerhalten und zu überarbeiten sowie neue Versuche, Formen und Designs in den Formenkatalog aufzunehmen. Mit jedem Kostüm habe ich erneut den Anspruch, mich zu verbessern und selbst zu überraschen.
Für diese Strecke habe ich unter anderem ein paar Favoriten aus vorherigen Jahren zurückgebracht, da ich sie einerseits visuell sehr passend fand, anderer- seits aber auch das Zusammenspiel der Trachten mit meiner eigenen, wenn auch jungen Tradition sehr romantisch fand.
WORAN ARBEITEST DU DERZEIT?
Ich habe immer noch eine Leidenschaft für Modede- sign und Handwerk, deshalb widme ich mich zurzeit, neben meiner Arbeit in Performance und Make-up, auch einem weiterführenden Masterstudium in
Kostümbild. Viele der Aspekte dieses Feldes über- schneiden sich schon mit Bereichen, in denen ich die letzten Jahre global gearbeitet hatte. Dennoch wollte ich unbedingt eine konkrete Einführung in die Arbeit als Kostümbildner für Bühne sowie Film erhalten; auch, da ein längerfristiges Ziel von mir das Lehren und Weitergeben meiner Fähigkeiten und Kenntnisse ist. Bisher konnte ich schon Kostüme für eine Musicalproduktion sowie eine Soloperfor- mance kreieren.
Auch meine Zusammenarbeit mit Björk besteht noch weiterhin und ich freue mich, auch in diesem Rahmen neue visuelle Richtungen gemeinsam einschlagen zu können.
UND WIE GEHT ES WEITER MIT DEINEN EIGENEN HUNGRY-DESIGNS?
Schöpferisch arbeite ich wie gehabt an neuen Krea- tionen, allein oder in Kooperation mit verschiedenen Künstlern und Handwerkern. Viele der neuen Objekte machen mich schon in ihrer Rohform unfassbar glücklich. Hierbei ist der Plan jedoch, diese vorerst für mich zu behalten und ein würdiges Medium dafür zu erarbeiten, da ich der Schnelllebigkeit von Kunst auf Social Media inzwischen sehr müde bin.
Alles in allem bin ich also viel in den „Schatten“ unterwegs. Aber stets dabei, meinen Hunger (nicht) zu stillen.