Violette Serrat, Guerlain Creative Director, hat den „French Chic“ perfektioniert und zu ihrem Markenzeichen gemacht. Sie transformiert Trends in tragbare Looks, haucht dem Zeitgeist Eleganz ein. Die Coolness eines Parisian Girls erhält sich Violette in ihrer Wahlheimat New York auch persönlich. Als Tochter eines großen Hairstylisten und einer Künstleragentin wuchs sie in der französischen Metropole auf, studierte Kunst an der École de Louvre, verfeinerte ihren kreativen Umgang mit Farben und Texturen, erweiterte ihre Beauty-Expertise durch die intensive Zusammenarbeit mit Beautyfotografen wie Ben Hassett sowie mit ihrer eigenen Marke. Für unseren Shoot in Brooklyn will sie eine neue Seite des French Girl Styles zeigen – und auch eine frische Facette von Guerlain. Denn auch dafür steht Violette: Das Aufbrechen von Klischees. So erscheint sie, passend zur Kollektion von Guerlain, in einem sandfarbenen Jumpsuit, die Koffer prall gefüllt mit den aktuellen Lancierungen und Tooth Gems. Nicht gerade typisch für Guerlain. Doch die kleinen Schmuckstücke glänzen mit echten Diamanten und Gold, passen so perfekt in ihr Punk-Couture-Prinzip.
Bei unserem letzten Gespräch vor etwa eineinhalb Jahren warst du neu als Creative Director bei Guerlain. Wie siehst du deine Arbeit für die Marke heute, was hat sich getan?
Am Anfang habe ich erst mal aufgeräumt und die hochwertige Ästhetik und den Chic aufleben lassen. Jetzt ist es Zeit, dass es „Bold“ wird. Wenn die Basis da ist, kann man mit den Accessoires loslegen. Die neue Kollektion mit ihren Nude-Nuancen ist sehr tragbar, aber ich möchte in der Kommunikation drum herum etwas mehr in eine Punk-Couture-Richtung gehen. So wie mit unserer Story jetzt. Ich habe allen Beigetönen auch Schwarzpigmente untergemischt, das macht sie so besonders. Beige ist nicht nur eine dezente Nuance, es langweilt mich, es nur so zu sehen. Ich will mit dieser Kollektion zeigen, wie viel Power in Guerlain steckt.
Wolltest du die „Marke“ auch ein bisschen schocken?
Ein bisschen schon (lacht). Ich glaube, wenn man unsere Story sieht, merkt man es …
Mit dem Make-up muss man sich auch abgrenzen?
Absolut, es ist ja der pure Selbstausdruck. Es geht doch eigentlich nicht um eine allgemeine Ästhetik oder darum, irgendetwas an sich zu kaschieren. Es sollte darum gehen, zu sich selbst zu stehen, sich zu feiern oder auch sich selbst zu schocken.
Ein schmaler Grat in deinem Beruf, denn du musst daran denken, wie etwas ankommt, wenn du neue Produkte oder Visuals entwickelst, oder?
Bei Guerlain hätte ich total drastisch vorgehen können, gleich auf Punk switchen und sagen können: Das ist das neue Guerlain! Aber das hatte ich gar nicht im Sinn. Jeder geht durch Phasen. Guerlain ist für mich wie ein Couture-Haus, es braucht immer Chic. Aber: Wenn man sich Haute-Couture-Kollektionen anschaut, stellt man fest, dass es da auch immer einen Schockmoment gibt. Außerhalb der Schubladen zu denken fühlt sich immer gut an.
Was ist dabei deine größte Herausforderung?
Ich muss mir überlegen, wo wir überhaupt hinwollen, was und wie ist der Kern der Marke, warum sollten wir überhaupt etwas erschaffen? Ich fühle mich, als würde ich am offenen Herzen arbeiten. Manchmal ist mir klar, wohin es gehen soll. Ich bin nicht vom Marketing oder Zahlen abgelenkt, sondern rein auf die Marke fokussiert. Ich arbeite aber trotzdem nicht allein daran, ich muss mich mit vielen Depart- ments auseinandersetzen. Das ist normal. Ich muss meine Vision dann allen verkaufen, alle überzeugen, um sie zu realisieren. Das ist schon eine Herausforderung, aber eine interessante.
