TUSH: Aufregend, diese Ambivalenz, die dein Job mit sich bringt! Auf NBGA zeigst du im Gegensatz zu vielen anderen Lifestyle Medien, die sehr eurozentrisch und weiß geprägt sind, eine diverse Reihe an weiblich gelesen Menschen und deckst dabei unterschiedliche Skin Complexions, Haartexturen und Körperformen ab – so progressiv sind leider immer noch wenige Magazine und Kommunikationskanäle von Marken. Wandel ist definitiv erkennbar – nicht zuletzt durch deine Pionierarbeit. Von meiner Warte als queere Person, sehe ich mich immer mehr und adäquater repräsentiert – da ist aber sicher noch Luft nach oben! Wo siehst du konkrete Stellschrauben, um die Industrie langfristig diverser und inklusiver zu gestalten?
Sarah: Ich finde, dass man als Publisher oder jeder, der in der Werbebranche arbeitet, eine gewisse Verantwortung hat. Schließlich können Menschen, insbesondere die jüngere Generation, durch unsere Worte und unseren Output beeinflusst werden. Besonders in Bezug auf die Schönheitsideale, die wir zum Konsum hervorheben. Ich denke, dass der Schaden, der durch das Ausbleiben einer vielfältigen und realistischen Repräsentation entsteht, einfach von den meisten unterschätzt oder überhaupt nicht ernst genommen wird. Und da spreche ich aus persönlicher Erfahrung. In meiner Kindheit galt immer noch die Barbie-Formel: Europid, blond und schlank war der Standard-Archetyp für weibliche Schönheit. Aber das hat nichts mit der Realität zu tun – es spiegelt nicht die Gesellschaft wider. Als mir die Gelegenheit geboten wurde NBGA zu einem seriösen Magazin zu entwickeln, wusste ich von Anfang an, dass ich die Menschen, mit denen ich mich umgeben wollte, einfangen und widerspiegeln wollte – und ich gehe noch weiter – ich habe es zu meiner Mission gemacht, POC hervorzuheben. Einfach, weil es genug nicht-inklusive Inhalte gibt, die ständig veröffentlicht werden. Wir haben einiges nachzuholen. Ich sehe riesige Chancen für Veränderungen in der Inklusivität. Treffen wir die großen Entscheidungen nicht nur vor der Kamera, sondern auch in Machtpositionen hinter den Kulissen. Denn egal wie empathisch ein Mensch ist – es wird nie möglich sein, die Realität eines Anderen wirklich zu sehen, fühlen, verstehen, geschweige denn sie nachzuerzählen. Echte Vielfalt kann nicht nachgeahmt oder angedeutet werden. Sie entsteht durch die Einzigartigkeit jedes Einzelnen.
TUSH: Danke für das Teilen deiner Gedanken! Sarah, du bist in Frankfurt geboren und aufgewachsen. In der Zwischenzeit hat es sich in andere Städte verschlagen. Frankfurt, Berlin, Paris, New York – Welche Stadt inspiriert dich am meisten?
Sarah: Das ist so schwer zu sagen! Ich kann nicht sagen, dass eine Stadt die andere völlig überwiegt. Ich bin froh, dass die Welt so groß ist und ich das Glück hatte, so viele unglaubliche Orte mein Zuhause nennen zu dürfen. Ich habe die Art von Seele, die so viel wie möglich von der Welt sehen möchte. Es inspiriert mich. Es pusht mich. Jede Stadt, in der ich gelebt habe, hat mir etwas Grundlegendes zurückgegeben – eine Philosophie, eine Geschichte, eine Chance, sogar eine Herausforderung – was auch immer es war, es hat mir geholfen, zu der Person zu werden, die ich jetzt bin. In puncto Inspiration liegt mir im Moment New York am Herzen. Die Vielfalt an Schönheit und Kultur hält mich immer frisch und aufgeschlossen. Deutschland wird immer meine Heimat sein und verkörpert definitiv den Anfang von allem. Ohne die Zeit in Berlin wäre ich nie nach Paris gegangen, und in Paris habe ich Lektionen gelernt, die für mich hier in New York elementar sind. Es geht alles Hand in Hand. Ich sehe es als das Drehbuch meines Lebens und versuche, einfach dem Fluss meiner Intuition zu folgen und dabei zu lernen.